Kann nach einem Wildunfall eine Fahrerflucht vorliegen?

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (53 Bewertungen; 3,98 von 5)
Loading ratings...Loading...

Vor allem in der kalten Jahreszeit kommt es in Deutschland vermehrt zu Wildwechsel. Nach der Kollision mit einem Wildschwein oder einem Reh wissen einige Kraftfahrer nicht, wie sie sich verhalten sollen und ergreifen teilweise sogar die Flucht, weil sie mit der Situation überfordert sind. Doch begehen diese Fahrer nach einem Wildunfall Fahrerflucht, wenn sie einfach weiterfahren?

FAQ: Fahrerflucht bei Wildunfall

Kann nach einem Wildunfall Fahrerflucht vorliegen?

Da Tiere vor dem Gesetz als „Sache“ angesehen werden, kann bei einem Wildunfall keine Fahrerflucht vorliegen.

Welche Strafen sind möglich, wenn ich nach einem Wildunfall weiterfahren?

In vielen Bundesländern sind Sie dazu verpflichtet, einen Wildunfall zu melden. Daher kommen bei einer Missachtung der Meldepflicht Sanktionen in Betracht. Zudem kann es Probleme bei der Schadensregulierung seitens der Versicherung geben, wenn Sie den Wildunfall nicht melden.

Wen sollte ich bei einem Wildunfall informieren?

Hat sich ein Wildunfall ereignet, sollten Sie den zuständigen Förster oder Jagdpächter informieren. Im Zweifelsfall können Sie sich auch an die Polizei wenden.

Droht eine Strafe für Fahrerflucht nach einem Wildunfall?

Kann es sich nach einem Wildunfall um Fahrerflucht handeln? Welche Strafe kann drohen?
Kann es sich nach einem Wildunfall um Fahrerflucht handeln? Welche Strafe kann drohen?


§ 142 des Strafgesetzbuchs (StGB) hält die Strafe fest, die droht, wenn sich ein Fahrer unerlaubt mit seinem Auto vom Unfallort entfernt. Dort heißt es:

Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

  1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat […]

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Dementsprechend kann nach einem Wildunfall keine Fahrerflucht vorliegen. Schließlich deckt der genannte Paragraph lediglich die Verfahrensweise mit Unfallbeteiligten und Geschädigten ab. Vor dem Gesetz werden Tiere jedoch als Sache angesehen. Eine Sachbeschädigung ist allerdings ebenfalls nicht möglich, da Wildtiere keinen Besitzer haben.


Zwar handelt es sich daher bei einem Wildunfall nicht um Fahrerflucht, richtig verhalten Sie sich aber trotzdem nicht, wenn Sie nach dem Zusammenstoß mit einem wilden Tier einfach das Weite suchen. In einem solchen Fall verstoßen Sie nämlich gegen das Tierschutzgesetz.

Lassen Sie ein verletztes Wildtier einfach an der Unfallstelle zurück, kann dies als Tierquälerei gewertet werden. Eine Strafe von bis zu 50.000 Euro kann Ihnen dann drohen. Um dies zu verhindern, sollten Sie nach einem Wildunfall anhalten, den Unfallort absichern und die Polizei über den Vorfall in Kenntnis setzen. Diese kontaktiert dann in der Regel den zuständigen Jagdpächter oder Förster.

Weitere Informationen zum richtigen Verhalten bei einem Wildunfall erhalten Sie im folgenden Video:

Video: Wie sollten Sie nach einem Wildunfall reagieren?
Video: Wie sollten Sie nach einem Wildunfall reagieren?

Können Sie den Wildunfall nachträglich melden?

Haben Sie einen Wildunfall nicht gemeldet? Dies können Sie nachträglich tun.
Haben Sie einen Wildunfall nicht gemeldet? Dies können Sie nachträglich tun.

Sie wären mit Sicherheit nicht der erste Fahrer, der bereut, sich nach der Kollision mit einem Wildtier einfach aus dem Staub gemacht zu haben. In einer solchen Situation haben Sie die Möglichkeit, das Ganze im Nachhinein bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle zu melden.

Da nach einem Wildunfall keine Fahrerflucht vorliegt, wenn Sie einfach weiterfahren, kommen aus diesem Grund normalerweise keine rechtlichen Konsequenzen auf Sie. Allerdings sehen die Landesjagdgesetze vieler Bundesländer eine Meldepflicht und bei einer Missachtung dieser auch Sanktionen vor.

Entscheiden Sie sich dazu, den Unfall mit dem wilden Tier nicht zu melden, können Sie sich zudem nicht darauf verlassen, dass Ihre Versicherung die Reparaturkosten für den dabei entstandenen Schaden trägt. Dazu bedarf es nämlich einer sogenannten Unfallbescheinigung, die Ihnen vom jeweiligen Förster oder Jagdpächter ausgestellt wird, nachdem Sie den Wildunfall gemeldet haben.

Diese Bescheinigung fungiert als Nachweis für den Unfall – ohne sie können sich möglicherweise Probleme bei der Schadensregulierung durch die Versicherung ergeben. Zwar kann nach einem Wildunfall eine Fahrerflucht ausgeschlossen werden, gewisse Punkte sollten Sie jedoch trotzdem bedenken, wenn Sie beschließen, weiterzufahren und den Zusammenstoß nicht zu melden.

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Zugelassen als Rechtsanwalt ist er seit 2007. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Straf-, Zivilrecht.

Bildnachweise