Das Unfallgutachten – Was beinhaltet es, wann brauche ich es?

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Nach einem Verkehrsunfall ohne Personenschaden machen sich viele Betroffene zunächst einmal Sorgen um den Schaden, der an ihrem Fahrzeug verursacht wurde. Häufig wird danach ein Unfallgutachten angefordert, das Auskunft über entstandene Schäden, Wertminderung und Wiederbeschaffungswert gibt.

FAQ: Unfallgutachten

Warum brauchen Sie ein Unfallgutachten?

Ein Unfallgutachten kann genau aufklären, welche Schäden bei einem Unfall entstanden sind und wie hoch die Wertminderung ausfällt. Es kann also helfen, die Ansprüche gegenüber dem Unfallverursacher durchzusetzen.

Wer zahlt das Unfallgutachten?

Für dieses muss in aller Regel die Versicherung des Unfallverursachers aufkommen, sofern die Bagatellgrenze von 750 Euro überschritten wurde.

Wer kann ein Unfallgutachten erstellen?

Das Unfallgutachten wird in aller Regel von einem Sachverständigen durchgeführt.

Wann brauchen Sie ein Unfallgutachten?

Ein Unfallgutachten dient dazu, den entstandenen Schaden zu erfassen und den Geschädigten zu helfen.
Ein Unfallgutachten dient dazu, den entstandenen Schaden zu erfassen und den Geschädigten zu helfen.

Wenn Sie Schäden am eigenen Wagen feststellen und bei einer Versicherung Ansprüche auf Kostenerstattung stellen wollen – bspw. für Reparaturkosten nach einem Verkehrsunfall – ist das Gutachten in der Regel notwendig, um den Schaden zu dokumentieren und gegenüber der Kfz-Haftpflicht des Unfallgegners zu beweisen. Als Geschädigter tragen Sie nämlich die Beweislast.

Darüber hinaus kann aus einem Unfallgutachten auch hervorgehen, wer wirklich den Unfall verursacht hat. Das kann erforderlich sein, wenn die Unfallgegner sich gegenseitig die Schuld zuweisen oder generell Unsicherheit darüber besteht, wer tatsächlich die Schuld am Geschehen trägt.

Doch nicht nur der fremdverschuldete Unfallschaden kann im Gutachten dokumentiert werden. Inhaber einer Kasko-Versicherung können sich auch bei selbstverschuldeten Schäden an ihren Versicherer wenden oder wenn Beschädigungen durch Umweltbedingungen (bspw. Hagelsturm oder Hochwasser) am Kfz entstanden sind.

Ausnahme: Bagatellschaden von bis zu 750 Euro

Ist der Schaden sehr gering, ist womöglich kein Gutachten nach dem Unfall notwendig.
Ist der Schaden sehr gering, ist womöglich kein Gutachten nach dem Unfall notwendig.

Ein Unfallgutachten wird insbesondere dann notwendig, wenn am Kfz große Schäden entstanden sind. Sollte es sich dabei jedoch nur um verhältnismäßig kleine Schäden handeln, kann es sein, dass die Versicherung stattdessen einen Kostenvoranschlag haben möchte. Das ist häufig ab einer geschätzten Schadenhöhe von 700 bis 750 Euro der Fall. Alles darunter wird üblicherweise als Bagatellschaden bezeichnet.

Der Vorteil gegenüber einem Unfallgutachten: Der Kostenvoranschlag ist wesentlich günstiger und weniger zeitaufwendig. Sie sollten trotzdem sichergehen, dass es sich wirklich um geringfügige Beschädigungen handelt und die Versicherung nicht nach einem Autounfall nur die Gutachten-Kosten sparen möchte.

Der Teufel – hier der Nachteil – liegt nämlich bekanntlich im Detail. Ein Unfallgutachten ist sehr viel detaillierter, während der Kostenvoranschlag einen Schaden höchstens grob einschätzt. Fordert also die Versicherung einen solchen Kostenvoranschlag, handelt es sich hierbei um eine Abschätzung jener Firma, welche die Reparaturen übernehmen soll. Diese macht damit eine verbindliche Aussage darüber, wie viel eine Reparatur kosten wird. Da ist quasi mit einem rechtsverbindlichen Angebot vergleichbar.

Dabei kommt es folglich, anders als beim Unfallgutachten, vielmehr darauf an, allein die Kosten für die Reparatur zu beziffern, als den Schaden zu dokumentieren. Weder wird darin der optische und technische Zustand des Autos festgehalten, noch Aussagen über Wertminderung oder zum Unfall an sich (hinsichtlich Unfallrekonstruktion) getroffen.

Daher empfiehlt sich ein Kostenvoranschlag grundsätzlich nur bei kleineren Schäden. Der Geschädigte sollte sich bestenfalls ein wenig mit dieser Materie auskennen oder im Zweifelsfall jemanden heranziehen, der etwas Ahnung hat, bevor er das Unfallgutachten links liegen lässt und sich für einen Kostenvoranschlag entscheidet.

Der Vorteil beim Kfz-Unfallgutachten: Hier wird bspw. auch mit Fotodokumentation gearbeitet.
Der Vorteil beim Kfz-Unfallgutachten: Hier wird bspw. auch mit Fotodokumentation gearbeitet.

Wie beim Unfallgutachten sollten sich dann Versicherung und Geschädigter möglichst vorzeitig darüber einig werden, wer die Erstellung des Kostenvoranschlags bezahlt. Dieser kostet meist zwischen 50 und 100 Euro. Manchmal wird allerdings die entsprechende Vergütung dafür von der Schadenshöhe abhängig gemacht. Häufig fallen dabei circa 10 Prozent der geschätzten Reparaturkosten an.

Überschreitet der Schaden die Bagatellgrenze, sollten Sie auf ein Unfallgutachten bestehen.

Dadurch ergeben sich folgende Vorteile:

  • Ihre eigene Sicherheit: Das Risiko liegt beim Unfallgutachter bzw. bei der Werkstatt, sollte sich herausstellen, dass die Schadenshöhe vorher falsch eingeschätzt wurde. Bei einem Kostenvoranschlag müssen Sie unter Umständen in einem solchen Fall den Kürzeren ziehen, weil hier für die Versicherung weniger die tatsächlichen Reparaturkosten zählen als vielmehr der Kostenvoranschlag.
  • der beweissichernde Charakter vom Unfallgutachten: Der kann wichtig werden, wenn bei der Schadensabwicklung Schwierigkeiten entstehen.
  • Kenntnis über Risiken bei der Schadensabwicklung: Ein Unfallgutachten muss über solche informieren. Der Unfallgutachter nimmt außerdem eine Plausibilitätsprüfung vor.
  • Berücksichtigung des bestehenden Kaskovertrags und der geltenden Rechtsprechung: Dies wird vom Gutachter beachtet, bei einem Kostenvoranschlag jedoch nicht.

Was beinhaltet ein Kfz-Unfallgutachten?

Der Unfallgutachter geht sehr detailliert vor und berücksichtigt unzählige Umstände.
Der Unfallgutachter geht sehr detailliert vor und berücksichtigt unzählige Umstände.

Ein Unfallgutachter kann folglich immer dann angefordert werden, wenn am Auto Schäden durch Eigen- oder Fremdverschulden entstanden sind. Er soll dann ein Gutachten nach einem Unfall erstellen, das beinhaltet, welcher Art die Schäden und wie schwerwiegend diese sind. Daraus folgert er dann die voraussichtlichen Reparaturkosten für diese Beschädigungen sowie den Restwert des Kfz und seinen Wiederbeschaffungswert.

All diese Bewertungen in einem Unfallgutachten sind jedoch für niemanden verbindlich. Vielmehr dienen sie als Richtwert und Ausgangspunkt für die Schadensabwicklung. Dennoch haben die Angaben neben einem feststellenden Charakter auch einen beweissichernden Wert, denn der Unfallgutachter

  1. ist für die Feststellung objektiver Tatsachen verantwortlich. Diese sollen als Basis für den Schadenersatz dienen.
  2. soll in seinem Gutachten bei einem Unfall den Hergang so weit es geht rekonstuieren, wobei die objektiven Tatsachen aus dem ersten Schritt als Ausgangslage dienen. Dabei kann auch die Frage geklärt werden, wer die Schuld oder Mitschuld am Unfall trägt. Das Schadensgutachten kann dann als Dokumentation und womöglich auch als Argumentation gegenüber der Versicherung – und im Ernstfall auch vor Gericht – dienen.

Auf diese Weise soll das Unfallgutachten dazu führen, dass der Schaden vollständig erfasst und im Endeffekt auch repariert bzw. zumindest finanziell ersetzt wird – und somit dem Geschädigten geholfen wird.

Unterscheidung zwischen Haftpflicht- und Kasko-Schaden

Der Schädiger ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Unfallschaden, der im Gutachten dokumentiert wurde, zu ersetzen.
Der Schädiger ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Unfallschaden, der im Gutachten dokumentiert wurde, zu ersetzen.

Bei der Unfallbegutachtung wird in der Regel zwischen zwei Fällen unterschieden: Handelt es sich bei den Beschädigungen am Kfz um einen Haftpflicht-Schaden oder einen Kasko-Schaden. Das ist wichtig, ergeben sich daraus für den Geschädigten doch unterschiedliche Ansprüche, wie im Folgenden erklärt.

Die Kfz-Haftpflichtversicherung springt dann ein, wenn es einen Unfall ohne Eigenverschulden gab.

Der Schädiger ist hier zivilrechtlich dazu verpflichtet, den Schaden zu ersetzen. Der Paragraf 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) schreibt diesbezüglich Folgendes vor:

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.

Das bedeutet, dass der Geschädigte selbst entscheiden kann, auf welche Art und Weise der Schadensersatz erfolgen soll. So kann er sein Kfz in einer Werkstatt reparieren lassen und dann die entstanden Kosten von der Kfz-Versicherung erstattet bekommen. Er kann aber auch den im Unfallgutachten ermittelten Wert bei der Haftpflicht des Unfallgegners einfordern und im Nachhinein noch entscheiden, ob er eine Reparatur veranlassen möchte oder nicht.

Handelt es sich laut Gutachten beim Unfallschaden um einen Totalschaden, zahlt die Versicherung nur den Wiederbeschaffungswert.
Handelt es sich laut Gutachten beim Unfallschaden um einen Totalschaden, zahlt die Versicherung nur den Wiederbeschaffungswert.

Sollte jedoch im Unfallgutachten nur ein Totalschaden festzustellen sein, bzw. der im Gutachten festgestellte Unfallschaden derart hoch sein, dass eine Reparatur nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand möglich wäre, zahlt die Versicherung in aller Regel lediglich die Wiederbeschaffungskosten.

Anders sieht es bei einem Kaskoschaden aus, also jenem Schaden, der entweder durch Eigenverschulden des Kfz-Eigentümers oder durch Umweltschäden, an denen niemand Schuld hat, entstanden ist.

Weil eine Kaskoversicherung nicht verpflichtend ist, ist die Versicherung im Grunde auch nicht gesetzlich daran gebunden, jeden Schaden zu ersetzen. Hier kann der Geschädigte lediglich vertraglich Ansprüche geltend machen, die eben aus der festgelegten Police hervorgehen.

Womöglich muss der Versicherte dann auch eine Selbstbeteiligung tragen oder kann auch trotz Unfallgutachten nicht alle Beschädigungen bei seiner Versicherung geltend machen. Hier kommt es dann darauf an, ob es im jeweiligen Vertrag Ausschlüsse gibt, die eine Übernahme der Reparaturkosten durch die Versicherung bereits im Vorfeld verhindern.

Der richtige Unfallgutachter – worauf sollten Sie achten?

Den richtigen Gutachter wählen: Das Dokument über die Unfallbegutachtung muss auch vor Gericht standhalten.
Den richtigen Gutachter wählen: Das Dokument über die Unfallbegutachtung muss auch vor Gericht standhalten.

Oft möchte der Versicherer seinen eigenen Sachverständigen mit der Erstellung vom Unfallgutachten beauftragen. Weil dessen Ausführungen die gesamte Verhandlungsgrundlage zwischen Versicherung und ihrem Kunden darstellen, ziehen einige Kfz-Halter nach einem Verkehrsunfall einen unabhängigen Unfallgutachter vor. Dazu entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2014, dass jedem ein unabhängiger Gutachter zusteht.

Bei der Wahl des Gutachters sollten Sie übrigens nicht auf den Mechaniker in der Familie oder im Bekanntenkreis zurückgreifen. Weil das Unfallgutachten im Zweifelsfall vor Gericht Bestand haben muss, kommt dafür nur ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger infrage.

Übrigens ist bei einem Unfallgutachten auch der TÜV ein möglicher Ansprechpartner.

Was kostet ein Unfallgutachten?

Ärgerlicherweise entstehen zu den Reparaturkosten durch das Unfallgutachten noch zusätzliche Kosten – schließlich will auch der Sachverständige, der das Gutachten erstellt, bezahlt werden. Es ist nicht unüblich, dass dieser sich für seine Bezahlung zuerst an seinen Auftraggeber wendet.

Für diesen Fall hat jedoch der BGH entschieden, dass die Kosten für ein Unfallgutachten zu denen des Unfalls insgesamt reinzählen müssen. Das bedeutet konkret:

Für den Geschädigten dürfen nach einem Unfall durch den Gutachter keine Kosten entstehen, wenn er selbst keine Schuld trägt. Die Bezahlung muss durch den Schädiger bzw. durch dessen Kfz-Haftpflicht erfolgen.
Der BGH entschied: Es sollten durch ein Gutachten nach einem Unfall keine Kosten für den unschuldigen Geschädigten entstehen.
Der BGH entschied: Es sollten durch ein Gutachten nach einem Unfall keine Kosten für den unschuldigen Geschädigten entstehen.

Normalerweise spielt es dabei auch keine Rolle, ob die Versicherung bereits einen Unfallgutachter bestellt hat und sie daraufhin noch einen unabhängigen Sachverständigen hinzuziehen möchten.

Um ganz sicherzustellen, dass Sie als Geschädigter den Gutachter nicht bezahlen müssen, obwohl Sie der Auftraggeber sind, können Sie ihm eine sogenannte Sicherungs-Abtretungserklärung geben, die dieser dann unterschreiben muss. Der Preis für das Unfallgutachten wird dann direkt von der Kfz-Haftpflicht gegenüber dem Sachverständigen beglichen.

Sollten Sie jedoch die Rechnung selbst übernehmen müssen, bspw. weil Sie nach einem selbstverschuldeten Unfall ein Gutachten für die Schäden am eigenen Wagen benötigen, müssen Sie in der Regel mit 500 bis 800 Euro rechnen.

Über den Autor

Murat Kilinc (Rechtsanwalt)
Murat Kilinc

Murat Kilinc studierte Jura an der Uni Bremen. Sein Referendariat führte ihn in den Landgerichtsbezirk Verden sowie das OLG Celle. Seine Zulassung als Anwalt erhielt er 2014. Seit 2018 ist er zudem Fachanwalt für Verkehrsrecht und befasst sich umfassend mit diesem Rechtsgebiet.

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