Unfall mit Polizeiauto – Schuldfrage einfach erklärt

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Die Straßenverkehrsordnung gilt für alle Verkehrsteilnehmer, auch für Polizei und Feuerwehr. Lediglich in Ausnahmefällen, wenn bei der Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgabe höchste Eile geboten ist, stehen ihnen Sonderrechte zu. Doch wie gestaltet sich die Rechtslage, wenn ein „normaler“ Verkehrsteilnehmer in einen Unfall mit einem Polizeiauto verwickelt wird?

FAQ: Verkehrsunfall mit Polizeifahrzeug

Ist die Polizei von der StVO ausgenommen?

Nein, Polizisten müssen die zulässige Höchstgeschwindigkeit, Vorfahrt und andere Verkehrsregeln genauso beachten wie die zivilen Verkehrsteilnehmer. Nur in besonderen Ausnahmefällen darf sie von ihren Sonderrechten Gebrauch machen und ist dann teilweise von den Vorschriften der StVO befreit.

Wann darf die Polizei die StVO missachten?

Die Polizei ist laut § 35 StVO nur dann von den Verkehrsregeln befreit, wenn dies zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben dringend geboten ist. Was das genau bedeutet, lesen Sie hier. Diese Sonderrechte entbinden Beamte im Einsatz allerdings nicht von ihren Sorgfaltspflichten, was wir an dieser Stelle näher ausführen.

Wer ist schuld bei einem Unfall mit Blaulicht?

Wer einen Unfall mit Polizeiauto verschuldet hat, lässt sich nicht so ohne Weiteres beantworten, sondern ist immer eine Frage des Einzelfalls. Nicht immer müssen „normale“ Verkehrsteilnehmer Schuld daran haben. Verletzen Polizeibeamte im Einsatz ihre Sorgfaltspflichten, so tragen sie zumindest eine Mitschuld am Unfall.

Die Schuldfrage bei einem Unfall mit Polizeiwagen

Wen trifft die Schuld, wenn es zu einem Unfall mit einem Polizeiauto kommt?
Wen trifft die Schuld, wenn es zu einem Unfall mit einem Polizeiauto kommt?

Polizeibeamte müssen die Verkehrsregeln genauso beachten wie alle anderen Verkehrsteilnehmer. Sie haben sich an die vorgegebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten und die Vorfahrt anderer Fahrer zu beachten.

Verstößt ein Polizeibeamter gegen die Regeln der StVO und verursacht dadurch einen Unfall mit seinem Polizeiauto, so trägt er dafür auch die Schuld.

Das heißt: Bei einem Unfall mit einem Polizeifahrzeug liegt die Schuld nicht automatisch beim Unfallgegner. Es ist immer eine Frage des Einzelfalls. Ausschlaggebend ist, wer gegen die Regeln verstoßen hat. Und manchmal trägt der Unfallgegner auch eine Mitschuld.

Unfall mit dem Polizeiauto, wenn Beamte im Einsatz sind

Unfall mit Polizeifahrzeug: Auch wenn die Polizei im Einsatz ist, muss sie ihre Sorgfaltspflichten einhalten.
Unfall mit Polizeifahrzeug: Auch wenn die Polizei im Einsatz ist, muss sie ihre Sorgfaltspflichten einhalten.

§ 35 Abs. 1 StVO befreit die Polizei und andere Einsatzkräften von den Vorschriften der StVO, „soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.“

Diese Sonderrechte erlauben es ihnen beispielsweise, …

  • die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten
  • oder eine rote Ampel zu überfahren.
  • Sie dürfen unter Umständen sogar eine Gegenfahrbahn oder einen Gehweg befahren.

Diese Sonderrechte gelten aber nur, wenn ein regelkonformes Verhalten das Ziel des Einsatzes gefährden oder vereiteln würde. Solange Polizisten ihre hoheitlichen Aufgaben unter Einhaltung der Verkehrsregeln erfüllen können, dürfen sie von ihren Sonderrechten keinen Gebrauch machen. Verletzen sie dennoch die Verkehrsregeln und verursachen so einen Unfall mit dem Polizeiauto, tragen sie auch die Schuld daran.

§ 38 Abs. 1 StVO gibt Einsatzfahrzeugen ein weiteres Sonderrecht: das Wegerecht. Sie dürfen das Blaulicht zusammen mit dem Martinshorn verwenden, um sich freue Bahn zu verschaffen, insbesondere, „wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, [oder um] eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden […]“

Trotz Blaulicht und Martinshorn dürfen die Fahrer nicht allein darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer durch den Einsatz dieser Signale hinreichend gewarnt sind. Sie müssen trotzdem ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, um die Verkehrssicherheit weiterhin zu gewährleisten und einen Unfall mit ihrem Polizeiauto zu vermeiden.

Bedeutung der Sonderrechte für die Schuldfrage bei einem Unfall mit dem Polizeiwagen

Rufen Sie bei einem Unfall mit einem Polizeiauto die Polizei, damit neutrale Beamte den Vorgang aufnehmen.
Rufen Sie bei einem Unfall mit einem Polizeiauto die Polizei, damit neutrale Beamte den Vorgang aufnehmen.

Wenn die Polizei aber im Einsatz ist, müssen alle anderen Verkehrsteilnehmer den Weg für die Einsatzfahrzeuge unverzüglich frei machen. Ihre Rechte werden zugunsten der Einsatzfahrzeuge eingeschränkt.

Missachten andere Verkehrsteilnehmer die Sonderrechte und verursachen dadurch einen Unfall mit dem Polizeiauto, so tragen sie auch die Schuld daran.

Dennoch lässt sich die Schuldfrage nicht immer so eindeutig beantworten. Denn die Sonderrechte entbinden Polizeibeamte im Einsatz allerdings nicht von ihren verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten. Laut § 35 Abs. 8 StVO dürfen sie ihre Sonderrechte „nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ ausüben. Je stärker sie die Verkehrsregeln missachten, desto strenger sind die Anforderungen an die Sorgfalt, die der Fahrer im Einsatz walten lassen muss.

Verletzt ein Fahrer im Einsatz seine Sorgfaltspflichten, so trifft ihn zumindest eine Mitschuld am Unfall mit dem Polizeiauto.

Polizei rufen bei einem Unfall mit einem Polizeiwagen?

Für die weitere Schadensregulierung – und auch für die Klärung der Schuldfrage – ist es ratsam, die Polizei bei einem Unfall hinzuziehen. Bei höheren Sachschäden und wenn Personen zu Schaden gekommen sind, sollten die Polizei auf jeden Fall rufen.

Das gilt auch bei einem Unfall mit einem Polizeiauto. Die am Unfall beteiligten Polizisten sind aufgrund bestehenden Interessenkonflikts eher nicht geeignet, den Unfall selbst aufzunehmen. Deshalb sollten andere – neutrale – Polizeibeamte den Unfall protokollieren und untersuchen.

Wer haftet bei einem Unfall mit einem Polizeiwagen? Werden „normale“ Verkehrsteilnehmer in einen Unfall mit einem Polizeiauto verwickelt, so haftet nicht der Polizeibeamte, der den Unfall verursacht hat, persönlich, sondern dessen Arbeitgeber und damit die zuständige Dienststelle bzw. das Land.

Video: Verhalten beim Unfall

Wie Sie sich beim Unfall verhalten sollten, erfahren Sie auch in diesem Video.
Wie Sie sich beim Unfall verhalten sollten, erfahren Sie auch in diesem Video.

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Zugelassen als Rechtsanwalt ist er seit 2007. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Straf-, Zivilrecht.

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