Trotz Fahrverbot zur Arbeit fahren: Gilt dies als Ausnahme?

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So viel ist klar: Wer sich über die Verkehrsregeln hinwegsetzt und dabei erwischt wird, der muss mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Je nachdem, wie schwer der Verstoß war, kann von der zuständigen Bußgeldstelle daraufhin neben einer Geldbuße auch ein Fahrverbot von mehreren Monaten verhängt werden. Doch der Gesetzgeber möchte doch sicherlich damit nicht verhindern, dass Sie an Ihrer Arbeitsstätte erscheinen und Ihr täglich Brot verdienen können? Ob Sie wirklich trotz Fahrverbot zur Arbeit fahren dürfen, klären wir in unserem Ratgeber.

FAQ: Trotz Fahrverbot zur Arbeit fahren

Darf ich trotz angeordnetem Fahrverbot zur Arbeit fahren?

Haben Sie per Bußgeldbescheid oder per Gerichtsentscheid ein Fahrverbot angeordnet bekommen, dürfen Sie sich auch nicht für den Arbeitsweg ans Steuer setzen. Andernfalls machen Sie sich des Fahrens trotz Fahrverbot strafbar, was mit einer Geld- oder einer Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

Kann ich eine Ausnahme für den Arbeitsweg erzielen?

In Einzelfällen ist es durch einen entsprechenden Antrag vor Gericht möglich, das Fahrverbot in ein höheres Bußgeld umzuwandeln. Dazu muss aber ein Härtefall nachgewiesen werden, z. B. ein drohender Jobverlust.

Gibt es andere Möglichkeiten, das Fahrverbot für den Arbeitsweg zu umgehen?

Es gibt für Ersttäter die Möglichkeit, ein Fahrverbot innerhalb der nächsten vier Monate auf einen Zeitraum zu verschieben, der günstiger ist (bspw. im Urlaub). Andere Taktiken sollten Sie mit einem Anwalt für Verkehrsrecht besprechen.

Darf ich trotz Fahrverbot zur Arbeit fahren?

Gibt es vom Fahrverbot eine Ausnahme, wenn der Arbeitsweg mit dem Auto angetreten werden muss?
Gibt es vom Fahrverbot eine Ausnahme, wenn der Arbeitsweg mit dem Auto angetreten werden muss?

Die klare Antwort vorweg: Nein. Wenn ein Fahrverbot angeordnet wurde und Sie bereits Ihren Führerschein in amtliche Verwahrung gaben, ist es Ihnen für die angeordnete Zeit definitiv nicht mehr gestattet, sich hinter das Steuer eines Kfz zu setzen. Hintergrund ist die Wirkung, die eine solche verkehrsrechtliche Sanktion auf den Betroffenen haben soll. Haben Sie ein Fahrverbot auferlegt bekommen – auch wenn es nur für einen Monat gilt -, dann haben Sie einen schwerwiegenden Verstoß begangen, der zumindest das Potential hatte, andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden.

Sie sollen demnach daraus entsprechende Konsequenzen ziehen. Das Fahrverbot soll tatsächlich „wehtun“, also eine wesentliche Einschränkung bedeuten, und Sie dazu bringen, über Ihr Fahrverhalten nachzudenken. Dürften Sie trotz Fahrverbot zur Arbeit fahren, würde die Sanktion Sie möglicherweise kaum beeinflussen und Ihnen keinen Anlass geben, sich künftig an die Verkehrsregeln zu halten.

Aber dennoch: Natürlich ist es dem Gesetzgeber nicht gleichgültig, ob Sie dabei Ihren Lebensunterhalt verlieren oder nicht. Allerdings dürfen Sie sich in diesem Fall nicht einfach über das Fahrverbot hinwegsetzen, sondern vor Gericht – am besten, indem Sie einen Anwalt zurate ziehen – tätig werden.

Vor Gericht das Fahrverbot aufheben: Geht das?

In einigen Einzelfällen stellt ein Fahrverbot für den Verkehrssünder eine „besondere Härte“ dar, die als unverhältnismäßig angesehen wird und daher das Gericht dazu veranlassen könnte, diese Sanktion auszusetzen. Ob dies bei Ihnen der Fall ist, kann nicht pauschal gesagt werden. Sie sollten sich in dieser Hinsicht von einem Anwalt für Verkehrsrecht beraten lassen, bevor Sie trotz Fahrverbot zur Arbeit fahren.

Bei einer Gerichtsverhandlung könnten sich dann folgende Situationen (diese stellen meist Ausnahmen dar) ergeben:

Fahrverbot erhalten und trotzdem zur Arbeit fahren? Dies kann schwere Konsequenzen nach sich ziehen.
Fahrverbot erhalten und trotzdem zur Arbeit fahren? Dies kann schwere Konsequenzen nach sich ziehen.
  • Schon der drohende Jobverlust rechtfertigt das Aussetzen der Sanktion – zwingt das zuständige Gericht jedoch nicht dazu. Auch reicht nicht jede Kündigungsandrohung des Arbeitgebers aus. Das Gericht muss überprüfen, ob die Entlassung überhaupt laut Gesetz rechtmäßig wäre.
  • Unter Umständen könnte der Verkehrssünder auch angewiesen werden, seine Urlaubstage für die betreffende Zeit aufzuwenden. Für diese Praxis müsste jedoch genügend Jahresurlaub vorhanden sein.
  • Eine Verweisung auf die Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln, einer Fahrgemeinschaft, Taxen, das Anstellen eines Fahrers o. Ä. ist hinzunehmen. Sollte dafür ein kleiner Kredit aufgenommen werden müssen, gilt auch dies regelmäßig als tragbare Maßnahme.
  • Sollte der Verkehrssünder in der Vergangenheit wiederholt durch Verkehrsverstöße auffällig geworden sein, ist auch beim Nachweis einer unverhältnismäßigen Härte das Gericht nicht gezwungen, den Betroffenen trotz zuvor ausgesprochenen Fahrverbot zur Arbeit fahren zu lassen. Ein solches Verhalten weist nämlich auf eine besondere Uneinsichtigkeit bzgl. der Gefahren hin, die das Fahrverhalten darstellt.

Fahrverbot bekommen und Arbeitsweg trotzdem angetreten: Folgen

Bevor Sie trotz Fahrverbot zur Arbeit fahren, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass das Fahren trotz Fahrverbot in Deutschland eine Straftat ist. Zwar wurde Ihnen in einem solchen Fall nicht die Fahrerlaubnis entzogen, dennoch haben Sie während der Dauer des Verbots keine Berechtigung, ein Kfz zu führen. Sie erfüllen daher den Tatbestand „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ gemäß § 21 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG).

Den Fahrer erwartet in diesem Fall eine Strafe, die vom Gericht in einem Strafverfahren festgelegt wird (es handelt sich nicht mehr um eine Ordnungswidrigkeit). Die Folgen können eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr umfassen.

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Zugelassen als Rechtsanwalt ist er seit 2007. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Straf-, Zivilrecht.

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