Tacho-Toleranz: Ein Auto fährt in der Regel langsamer, als es angezeigt wird

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (56 Bewertungen; 4,46 von 5)
Loading ratings...Loading...

Geschwindigkeitsüberschreitungen sind ein ernstes Thema im öffentlichen Straßenverkehr – immer wieder fordern sie Schwerverletzte oder gar Todesopfer. Daher versuchen sowohl die Polizei als auch Autohersteller mit immer neuen Taktiken, solche Unglücke zu vermeiden. Dazu gehört neben Blitzermarathons und Radarfallen allgemein auch, dass beim Auto eine gewisse Tacho-Toleranz eingebaut wird. Es ist also vorgesehen, dass wir immer langsamer fahren, als die Geschwindigkeitsanzeige es uns weismachen will.

FAQ: Tachogenauigkeit

Ist die Genauigkeit der Tachoanzeige gesetzlich vorgegeben?

Ja, eine EU-Richtlinie bestimmt, dass die Geschwindigkeit auf dem Tacho nie unter der gefahrenen liegen darf.

Kann es eine Toleranz der Werte auf dem Tacho geben?

Ja, allerdings nur, wenn die Geschwindigkeit nach oben abweicht.

Um wie viel weicht die Anzeige in der Regel ab?

Das hängt vom Hersteller ab und unter welchem Bedingungen sie den Tacho einstellen. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Wie genau ist ein Auto-Tacho?

Es wird eine gewisse Toleranz beim Tacho eingebaut: Die Genauigkeit ist daher absichtlich nicht zu 100 Prozent gegeben.
Es wird eine gewisse Toleranz beim Tacho eingebaut: Die Genauigkeit ist daher absichtlich nicht zu 100 Prozent gegeben.

Tatsächlich gibt eine EU-Richtlinie (75/443/EWG) den Anstoß dafür, dass die Autohersteller bei der Tachojustage genauer hinschauen. Darin steht geschrieben:

Die angezeigte Geschwindigkeit darf nie unter der tatsächlichen Geschwindigkeit liegen.

Daraus ergibt sich demzufolge, dass die Tacho-Toleranz (also die erlaubte Abweichung in der Geschwindigkeitsanzeige) nur in eine bestimmte Richtung verboten ist und die Tachogenauigkeit nicht unbedingt zu 100 Prozent gegeben sein muss. Stattdessen darf die Anzeige nur nicht weniger anzeigen, als wirklich gefahren wird, wohl aber zu viel – und das um einige Prozent.

Die Autohersteller tricksen dann ein wenig beim Autobau, wenn der Tacho auf seine Genauigkeit eingestellt wird. Denn durch Verschleiß der Reifen oder mögliche andere Fehler kann es im Laufe der Zeit sowieso dazu kommen, dass die Genauigkeit beim Tacho, so wie sie anfangs in der Produktion eingestellt wurde, verfälscht wird. Es könnte dazu kommen, dass weniger km/h angezeigt werden, als der Fahrer tatsächlich fährt.

Um wie viel Prozent Ihr Tachometer abweicht, das hängt vom Autohersteller ab. Bei Audi sind es meist um die 3,1 Prozent weniger, bei Nissan und Toyota um die 6 Prozent oder sogar mehr.

Die Technik hinter dem Tachometer

Wie viel Toleranz der Tacho auch hat, bei falschem Reifendruck oder verschleißter Bereifung könnte diese aufgehoben werden.
Wie viel Toleranz der Tacho auch hat, bei falschem Reifendruck oder verschlissener Bereifung könnte diese aufgehoben werden.

Wenn die Autohersteller beim Tacho die Geschwindigkeit einstellen, ist eine Abweichung Teil des Prozesses. Hierbei wird mit Durchschnittswerten gearbeitet, die sich auf den Reifenumfang beziehen. Anhand des Reifenumfangs misst das Auto, wie viele Umdrehungen pro Sekunde zurückgelegt werden. (Es ist auch die gemittelte Raddrehzahl im System hinterlegt). Daraus ergibt sich schließlich die Geschwindigkeit in Stundenkilometern.

Die voreingestellte Tacho-Toleranz ist nun aus folgenden Gründen erforderlich:

  • Nach einiger Zeit tritt bei den Reifen ein gewisser Verschleiß auf. Das bedeutet: Es ist im System ein gemittelter Radumfang eingegeben, aber der Räder fahren sich ab. Schon drei Millimeter weniger Radumfang bewirken eine Abweichung beim Tacho im Auto von bis zu einem Prozent. Weitere Einflussfaktoren sind u. U. etwa eine breitere oder schmalere Bereifung oder auch der Luftdruck.
  • Fehler bei der Produktion könnten von Vornherein dazu führen, dass die Reifenwerte falsch eingegeben sind oder dass der Tachometer falsch bedruckt ist.
  • Der Fahrer könnte eine falsche Geschwindigkeit ablesen, wenn er nicht im rechten Winkel auf das Ziffernblatt des Tachos schaut.
  • Der Halter zieht Reifen auf, die nicht den Vorgaben entsprechen, woraus sich beim Auto-Tacho ebenfalls eine Abweichung ergibt.

All diese Dinge könnten unter Umständen dazu führen, dass die Geschwindigkeitsanzeige weniger km/h zeigt, als in Wirklichkeit gefahren werden. Dies führt schnell zu überhöhter Geschwindigkeit, ohne dass es der Fahrer mitbekommt – bis er möglicherweise geblitzt wird.

Tacho überprüfen und eichen lassen: Kosten & Notwendigkeit

Ihr Tacho zeigt zu viel oder zu wenig an? Eine Eichung hilft, kostet aber auch.
Ihr Tacho zeigt zu viel oder zu wenig an? Eine Eichung hilft, kostet aber auch.

Wenn Ihnen auffällt oder Sie nachprüfen wollen, ob die bei Ihnen eingestellte Tacho-Toleranz noch rechtskonform und günstig ist, müssen Sie sich an eine Fachwerkstatt wenden.

Sollte es sich bei Ihrem Gefährt um einen Neuwagen handeln, könnte es sein, dass für Sie nur eine Vertragswerkstatt in Frage kommt, welche über die bei Ihnen verbaute Software verfügt.

Es gibt verschiedene Gründe, die es notwendig machen, beim Tacho die angezeigte Geschwindigkeit so zu justieren, dass sie in den Augen des Gesetzgebers als zulässig gilt. Beispiele sind die folgenden Situationen:

  • Die Tacho-Toleranz wurde manipuliert.
  • Ihr Kfz war in einen Unfall verwickelt und muss nun neu eingestellt bzw. mit neuen Instrumenten ausgestattet werden.
  • Das Tacho ist zu ungenau, weil die Mess- oder Kontrollinstrumente kaputt sind.
  • Vor allem bei älteren Fahrzeugen ist es denkbar, dass die Abweichungen zu groß sind, da solche früher erlaubt waren. Vor 1991 war im oberen Bereich der Anzeige eine Ungenauigkeit von bis zu sieben Prozent möglich.
  • Bei Oldtimern kann es generell notwendig sein, den Tacho in regelmäßigen Abständen zu justieren.

Wollen Sie Ihr Tacho kalibrieren lassen, kommen Kosten auf Sie zu. Diese können sich je nach zu überarbeitendem System unterscheiden. Sollte die Tacho-Toleranz bei einer mechanischen Geschwindigkeitsanzeige eingestellt werden, kann dies 150 und 200 Euro kosten.

Muss stattdessen die Software angepasst werden, könnten dabei zwischen 100 und 500 Euro fällig werden. Abhängig ist das vom jeweiligen Hersteller.

Über den Autor

Mathias Voigt (Rechtsanwalt)
Mathias Voigt

Mathias Voigt studierte an der juristischen Faktultät in Rostock und ging anschließend für sein Referendariat nach Nordrhein-Westfalen. Seine anwaltliche Zulassung erhielt er 2013. Seine Interessensschwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Verkehrs- und Strafrecht.

Bildnachweise