Section Control: Dauertest in Deutschland

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Verkehrsteilnehmer finden oft Wege, sich über herkömmliche Blitzer zu informieren und dann aktiv ihr Fahrverhalten an bestimmten Stellen anzupassen. Section Control soll durch seine ungewöhnliche Messmethodik auch solche Verkehrssünder und ihr Auto erfassen. Datenschützer zeigen jedoch Bedenken.

FAQ: Section Control

Was ist Section Control?

Durch die Abstandskontrolle soll die Gefahrene Geschwindigkeit im Straßenverkehr überwacht werden.

Wie funktioniert Section Control?

Es wird nicht die Geschwindigkeit an einem bestimmten Punkt, sondern über einen ganzen Streckenabschnitt gemessen. Anhand der Durchschnittsgeschwindigkeit wird bestimmt, ob eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt oder nicht.

Ist Section Control in Deutschland erlaubt?

In Deutschland wird die Section Control bis dato nur auf der Bundesstraße 6 in der Region Hannover eingesetzt. Nach einem temporären Verbot ist diese Messmethode nun wieder erlaubt.

So funktioniert die Messung mit Section Control

Section Control erfasst alle Fahrzeuge auf einer Strecke und prüft danach, ob Verstöße vorliegen.
Section Control erfasst alle Fahrzeuge auf einer Strecke und prüft danach, ob Verstöße vorliegen.


Messungen mit Section Control ziehen dieselben Strafen bzw. Sanktionen nach sich, wie es bei anderen Erfassungsgeräten der Fall ist.
Messungen mit Section Control ziehen dieselben Strafen bzw. Sanktionen nach sich, wie es bei anderen Erfassungsgeräten der Fall ist.

Reguläre Blitzer messen oft die Geschwindigkeit von Verkehrsteilnehmern, die an einem bestimmten Punkt einer Strecke gefahren wird. Der Nachteil dabei:

Wissen die Fahrer über die Position der Messgeräte Bescheid, können sie ihre Geschwindigkeit an bestimmten Punkten einfach drosseln und danach wieder – deutlich zu viel – Gas geben. Die Funktionsweise von Section Control kann helfen, Strafen bzw. Sanktionen auch in solchen Fällen durchzusetzen.

Denn bei Section Control werden mehrere Messgeräte an einer Strecke, die bis zu fünf Kilometer lang sein kann, aufgestellt. An den jeweiligen Stellen wird die Geschwindigkeit von jedem vorbeifahrenden Auto erfasst und am Ende ein Durchschnittstempo errechnet. Liegt dieses deutlich über der vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit, erreicht ein Bußgeldbescheid innerhalb der nächsten Wochen die betroffenen Fahrer.

Offiziell eingeführt ist diese Erfassungsmethode in Deutschland bisher nicht (Stand August 2017). Seit 2015 laufen in mehreren deutschen Städten Testläufe. 2017 soll beispielsweise mithilfe von Section Control auch noch die Durchfahrt des Rheinufertunnels in Köln überwacht werden.

Die Vorteile von Section Control liegen jedoch klar auf der Hand:

  • Die Erfassung betrifft einen langfristigen Streckenabschnitt. Dadurch können Verkehrsteilnehmer nicht einfach kurz abbremsen und danach weiterrasen.
  • Wer durch Unachtsamkeit kurz die Höchstgeschwindigkeit überschreitet, aber danach ordnungsgemäß weiterfährt, muss wahrscheinlich keine oder zumindest geringere Sanktionen erwarten.
  • Section Control besitzt das Potential, nicht nur Geschwindigkeitsüberschreitungen einzudämmen, sondern auch die Unfallgefahr an Baustellen, in Tunneln und auf Brücken zu verringern.

Bedenken bei Datenschützern

Section Control könnte in Deutschland schwere Unfälle vermeiden. Datenschützer sind trotzdem kritisch.
Section Control könnte in Deutschland schwere Unfälle vermeiden. Datenschützer sind trotzdem kritisch.

Trotz der auf der Hand liegenden Vorteile der Messmethode können sich deutsche Verkehrsbehörden bisher nicht durchringen, diese offiziell einzuführen. Doch woran liegt das? Ein großes Problem besteht in Sachen Datenschutz.

Denn bei der Erfassung durch die Abschnittskontrolle werden zunächst die Fahrzeuge aller Verkehrsteilnehmer auf der Strecke erfasst. Erst am Ende des Abschnitts erfolgt durch die Durchschnittsberechnung die Prüfung auf einen möglichen Verkehrsverstoß.

Dieser systembedingte Generalverdacht mag für Laien vielleicht harmlos klingen, ist juristisch gesehen aber ein echtes Problem. Denn es herrscht in der Rechtsprechung die generelle Auffassung, dass nur bei bestehendem Anlass gegen Bürger vorgegangen werden soll.

Verfechter von Section Control halten jedoch dagegen. Demnach seien Menschenleben im Straßenverkehr deutlich wichtiger als Datenschutz. Denn extreme Geschwindigkeitsüberschreitungen verursachen immer noch ein Drittel aller erfassten tödlichen Unfälle im Verkehr.

Darüber hinaus besteht das Potential, dass das System der Section Control in Bezug auf Datenschutz optimiert wird. So versprach der ehemalige Innenminister von Nordrhein-Westfalen, dass eine Variante geschaffen werde, welche die Daten der zu Unrecht erfassten Kraftfahrzeuge direkt wieder löscht. Kommt es zu dieser Systemverbesserung, sollten die kritischen Stimmen der Datenschützer etwas nachlassen. In jedem Fall birgt Section Control echtes Potential, die Verkehrssicherheit in Zukunft zu erhöhen.

Über den Autor

Murat Kilinc (Rechtsanwalt)
Murat Kilinc

Murat Kilinc studierte Jura an der Uni Bremen. Sein Referendariat führte ihn in den Landgerichtsbezirk Verden sowie das OLG Celle. Seine Zulassung als Anwalt erhielt er 2014. Seit 2018 ist er zudem Fachanwalt für Verkehrsrecht und befasst sich umfassend mit diesem Rechtsgebiet.

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