Haftung beim Überholen auf der Gegenfahrbahn: Mitschuld beim Unfall?

Egal, ob auf der Autobahn oder im Stadtverkehr: Stau und zähfließender Verkehr können Fahrern schnell den letzten Nerv rauben. Während Kfz-Führern auf der Autobahn in der Regel nichts anderes übrig bleibt, als auf die Auflösung des Staus zu warten, bietet die Stadt häufig auch die Möglichkeit, auf weniger befahrene Nebenstraßen auszuweichen, um vielleicht dort schneller voranzukommen. Doch beim Manövrieren im Verkehr ist besondere Vorsicht gefragt, wie ein Urteil zur Haftung beim Überholen auf der Gegenfahrbahn belegt (Landgericht Saarbrücken, Az.: 14 O 182/16).

Fahrer müssen beim Überholen jederzeit bremsbereit sein

Haftung beim Überholen auf der Gegenfahrbahn: Auch Fahrer auf der Vorfahrtstraße kann eine Mitschuld treffen.

Haftung beim Überholen auf der Gegenfahrbahn: Auch Fahrer auf der Vorfahrtstraße kann eine Mitschuld treffen.

Ein Autofahrer näherte sich dem Ende eines Staus. Diesen wollte er umfahren und überholte die vor ihm stehende Fahrzeugkolonne, um eine links liegende Nebenstraße zu erreichen. Zum Überholen nutzte er die Gegenfahrbahn. Dann fuhr aus einer rechts liegenden Seitenstraße ein Fahrzeug auf die Fahrbahn. Der Überholende konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und es kam zum Unfall.

Zwar war der Überholende auf der Vorfahrtstraße unterwegs und der Einbiegende hätte ihm Vorfahrt gewähren müssen. Allerdings entschied das Landgericht Saarbrücken zur Haftung, dass beim Überholen auf der Gegenfahrbahn besondere Vorsicht nötig ist. Der Autofahrer hätte so langsam fahren müssen, dass er bei plötzlich auftauchenden Fahrzeugen noch rechtzeitig hätte bremsen können.

Laut Gericht trifft den Überholenden eine Mitschuld von einem Drittel. Den anderen Fahrer trifft also eine Schuld von zwei Dritteln. Das ist bei der Schadensregulierung durch die betreffenden Versicherungen zu beachten.

Das ist beim Überholen zu beachten

Über die Haftung beim Überholen auf der Gegenfahrbahn entschied das Landgericht Saarbrücken.

Über die Haftung beim Überholen auf der Gegenfahrbahn entschied das Landgericht Saarbrücken.

Das Urteil zur Haftung beim Überholen auf der Gegenfahrbahn zeigt: Das Vorbeifahren an anderen Fahrzeugen erfordert besondere Vorsicht.

Unter anderem dürfen Sie nicht überholen, wenn:

  • andere Verkehrsteilnehmer dadurch behindert oder gefährdet werden,
  • Sie nicht deutlich schneller fahren können als der zu Überholende,
  • die Verkehrslage unklar ist und
  • kein ausreichender Sicherheitsabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern eingehalten werden kann.

Die folgende Tabelle zeigt, wie Verstöße beim Überholen laut Bußgeldkatalog geahndet werden:

VerstoßBuß­geldPunkteFahr­verbot
Überholen im Überhol­verbot70 €1
… mit Gefähr­dung250 €21 Monat
… mit Sach­beschädi­gung300 €21 Monat
Seiten­abstand beim Überholen nicht eingehalten30 €
… bei unklarer Verkehrslage/mit Behinderung100 €1
Nach dem Überholen den Überhol­ten beim Ein­scheren behindert20 €
Geschwindig­keit beim Überholt­werden erhöht30 €
Zum Überholen aus­geschert und dadurch den Verkehr behindert80 €1
Rechts über­holen inner­orts30 €
… mit Sach­beschädi­gung35 €
Rechts über­holen außer­orts100 €1
… mit Gefähr­dung120 €1
… mit Sach­beschädi­gung145 €1

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Über den Autor

Murat Kilinc (Rechtsanwalt)
Murat Kilinc

Murat Kilinc studierte Jura an der Uni Bremen. Sein Referendariat führte ihn in den Landgerichtsbezirk Verden sowie das OLG Celle. Seine Zulassung als Anwalt erhielt er 2014. Seit 2018 ist er zudem Fachanwalt für Verkehrsrecht und befasst sich umfassend mit diesem Rechtsgebiet.

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