Wer seinen Führerschein wegen Alkohol oder Drogen am Steuer verliert, muss für die Wiedererteilung nicht selten eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) erfolgreich bestehen. Da dieses Unterfangen zeit- und kostenintensiv ist, versuchen einige Verkehrssünder die im Volksmund als Idiotentest bezeichnete, Überprüfung der Fahreignung im Ausland zu umgehen. Was es mit dem Führerscheintourismus auf sich hat, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
FAQ: Führerscheintourismus
Ja, die EU-Führerscheinrichtlinie von 2009 legt fest, wann ein Führerschein im Ausland erworben werden kann.
Das ist nur dann der Fall, wenn sich der Wohnsitz während des Erwerbs im Ausland befand und für mindestens 185 Tage im Jahr dort besteht bzw. bestanden hat.
Das kann durchaus sein, wenn der ausländische Führerschein durch die deutschen Behörden nicht anerkannt wird. Dabei handelt es sich dann um eine Straftat, welche mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet wird.
Was ist unter dem Begriff „Führerscheintourismus“ zu verstehen?
Inhalt
Als Führerscheintourismus werden Fälle beschrieben, in denen einer in Deutschland wohnhafte Person die deutsche Fahrerlaubnis entzogen wurde. Dies erfolgt zum Beispiel wegen des Fahrens unter Alkohol- oder Drogeneinflusses. Der Gesetzgeber schreibt für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis eine MPU vor. Da diese mit hohen Kosten und häufig auch einen Abstinenznachweis einhergeht, suchen einige Verkehrssünder die Untersuchung zu umgehen.
Hierbei wollen sich die betroffenen Autofahrer den Umstand zu nutzen machen, dass in der EU bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis einheitliche Mindeststandards gelten. Auf diese haben sich die Mitgliedsstaaten aus Gründen der Verkehrssicherheit geeinigt. Strenge Auflagen für die Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis – wie etwa die MPU – existieren in den meisten Staaten der EU allerdings nicht.
Daher scheint für einige Betroffene der Weg zurück ans Steuer über den Erwerb einer ausländischen Fahrerlaubnis zu führen. Schließlich verspricht der Führerscheintourismus eine schnelle und günstige Wiedererlangung der Fahrerlaubnis, ohne dass dabei eine eingehende Begutachtung der Fahreignung erfolgt.
Was sagt der Gesetzgeber zum Führerscheintourismus?
Grundsätzlich unterliegt die Beurteilung der Fahreignung den gesetzlichen Vorschriften des jeweiligen Staates, welcher den Führerschein ausstellt. Dementsprechend gelten uneinheitliche Vorgaben innerhalb der EU. Gleichzeitig wird eine rechtmäßig in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedsstaat erteilte Fahrerlaubnis in ganz Europa anerkannt.
Aus diesem Grund konnten Verkehrssünder bis 2008 verhältnismäßig leicht geltendes Recht umgehen und durch den Führerscheintourismus die Befugnis zum Führen eines Kfz wiedererlangen. Allerdings hat die dritte EG-Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG), welche zum 19. Januar 2009 in deutsches Recht umgesetzt wurde, dem sogenannten Urlaubsführerschein weitestgehend einen Riegel vorgeschoben.
Möglich ist dies durch eine Regelung der EU-Richtlinie, durch welche dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ablehnen kann, wenn „der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein in seinem Hoheitsgebiet entzogen“ wurde.
Auch die Gerichte befassten sich in der Vergangenheit immer wieder mit dem Führerscheintourismus in Polen, Tschechien oder anderen Staaten der EU. Als besonders wichtig gilt insbesondere das Urteil zum Führerscheintourismus vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vom 11. Dezember 2008 (Az. 3 C 26.07, 3 C 38.07). Denn demnach ist eine in einem anderen EU-Staat erworbene Fahrerlaubnis in Deutschland nicht zulässig, wenn sich der Wohnsitz am Tag der Ausstellung in Deutschland befand.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte ebenfalls über die Rechtmäßigkeit der Urlaubsführerscheine. So muss die deutsche Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnis, deren Erwerb auf dem Führertourismus basiert, gemäß EuGH-Urteil vom 15. August 2008 (Az. C-329/06) nicht anerkennen, wenn zu diesem Zeitpunkt in Deutschland eine Sperrfrist bestand.
Wann ist ein EU-Führerschein in Deutschland gültig?
Möchten Sie in Deutschland einen Führerschein aus dem EU-Ausland verwenden, ist dies nur möglich, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die geltenden Vorschriften sollen dabei den Führerscheintourismus unterbinden und gleichzeitig für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen.
So berechtigt ein ausländischer Führerschein nur dann zur Teilnahme am deutschen Straßenverkehr, wenn der Autofahrer zum Zeitpunkt des Erwerbs einen ordentlichen Wohnsitz im jeweiligen Ausstellungsland hatte. Als ordentlicher Wohnsitz gilt in der Regel der Ort, an dem sich eine Person für den Zeitraum von mindestens 185 Tagen im Jahr aufhält.
Eine Ausnahme dieser Wohnsitzregelung besteht allerdings beim Studium oder Schulbesuch im EU-Ausland. Denn hier reicht der Nachweis des Auslandsaufenthaltes in der Regel aus, um eine zulässige Fahrerlaubnis zu erhalten. Eine Verlegung des Wohnsitzes ist somit nicht notwendig.
Darüber hinaus darf der Erwerb der Fahrberechtigung nicht innerhalb einer bestehenden Sperrfrist oder eines Fahrverbotes erfolgen. Denn in diesem Fall wird diese wegen dem Verdacht auf Führerscheintourismus in Deutschland nicht anerkannt.
Ist der Führerscheintourismus noch immer ein Thema?
Die zuvor aufgeführten Gesetze und Urteile sollen den Führerscheintourismus effektiv erschweren bzw. unterbinden. Allerdings gibt es immer noch Unternehmen und Fahrschulen die im EU-Ausland mit dem kostengünstigen Erwerb des Führerscheins und der Umgehung der MPU werben.
Häufig verschweigen die Fahrschulen, hierbei dass eine entsprechende Erlaubnis in Deutschland nicht anerkannt wird. Dabei machen Sie sich den Umstand zu Nutze, dass die ausländischen Führerscheinbehörden oft nicht nachprüfen, wo der jeweilige Autofahrer tatsächlich gemeldet ist. Sind Sie mit einem solchen, ungültigen Urlaubsführerschein unterwegs, wird dies als Fahren ohne Fahrerlaubnis gewertet.
Besonders windige Geschäftemacher besorgen den deutschen Verkehrssündern sogar Meldeadressen im EU-Ausland. Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, dass ein ordentlicher Wohnsitz im Ausland besteht. Sollte der Schwindel mit dem Führerscheintourismus allerdings auffliegen, drohen weitreichende Sanktionen.
Führerscheintourismus: Welche Sanktionen drohen?
Haben Sie Ihre Fahrerlaubnis widerrechtliche durch Führerscheintourismus im EU-Ausland erworben, müssen Sie, sollte dieser Umstand zum Beispiel bei einer Verkehrskontrolle auffallen, mit weitreichenden Sanktionen rechnen.
Denn wer im Ausland unter der Umgehung der deutschen Vorschriften eine Fahrerlaubnis erlangt, ist in Deutschland ohne eine gültige Fahrerlaubnis unterwegs. In diesem Fall liegt somit gemäß § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) der Tatbestand „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ vor.
Wer in der EU Führerscheintourismus betreibt, begeht demnach eine Straftat. Diese wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet. Alternativ dazu kann das Gericht aber auch eine Geldstrafe verhängen.