Für viele Menschen mit Behinderung bedeutet ein Führerschein einen beachtlichen Gewinn an Lebensqualität. Der Erwerb eines Führerscheins ist häufig trotz gesundheitlicher oder körperlicher Einschränkungen möglich. Mitunter sind im Vorfeld verschiedene Prüfungen oder Untersuchungen erforderlich, um die Fahreignung festzustellen. Häufig muss das Fahrzeug an die jeweiligen Bedürfnisse behinderter Menschen angepasst und entsprechend umgebaut werden. Für den Umbau des Fahrzeugs und für den Erwerb des Führerscheins können Förderungen gewährt werden.

Voraussetzungen für einen Führerschein trotz Behinderung
Grundsätzlich kann jeder Mensch mit Behinderung einen Führerschein erwerben, wenn die Eignung zur Verkehrssicherheit gegeben ist. Mit verschiedenen Untersuchungen muss die Eignung nachgewiesen werden.
Eine hochgradige Schwerbehinderung oder Gehörlosigkeit schränken die Eignung zur Verkehrssicherheit nicht immer ein. Mitunter kann trotzdem ein Führerschein erworben werden. Ausschlusskriterien sind jedoch Blindheit oder Sehbehinderung.
Wichtige Voraussetzungen für den Erwerb eines Führerscheins sind:
- ausreichendes Sehvermögen
- ausreichendes Reaktions- und Konzentrationsvermögen
- Wahrnehmungs- und Orientierungsfähigkeiten in ausreichendem Umfang
- entsprechende kognitive Fähigkeiten
- keine Einnahme von Medikamenten, die Bewusstseinsstörungen verursachen oder anderweitig die Fahrtauglichkeit einschränken
Lähmungen oder fehlende Gliedmaßen müssen keine Hindernisse für den Erwerb eines Führerscheins sein. Die Teilnahme am Straßenverkehr ist möglich, wenn das Fahrzeug entsprechend umgebaut wird. Das gilt auch, wenn bereits ein Führerschein vorhanden ist und die Behinderung erst danach eingetreten ist.
Liegt eine geistige Behinderung vor, entscheidet deren Ausprägung, ob der Betroffene einen Führerschein erwerben kann. Im Einzelfall wird entschieden, ob der Erwerb eines Führerscheins möglich ist. Dazu wird ein Gutachten erstellt. Ein Führerschein kann bei einer geistigen Behinderung mit Einschränkungen verbunden sein, die bei bestandener Fahrprüfung in den Führerschein eingetragen werden.
Welche speziellen Fahrprüfungen oder medizinischen Gutachten sind erforderlich?
Wer mit einer Behinderung einen Führerschein erwerben möchte, benötigt häufig verschiedene medizinische Gutachten. Bei der zuständigen Führerscheinbehörde muss ein Antrag auf einen Behindertenführerschein gestellt werden. Das ist bei der Stadtverwaltung oder beim Landratsamt möglich. Damit eine Bescheinigung über die Verkehrssicherheit erstellt werden kann, legt die Behörde fest, ob und welche medizinischen Gutachten erforderlich sind.
Die Behörde kann die folgenden Gutachten verlangen:
- Ärztliches Gutachten: Ein Arzt untersucht die Seh- und Bewegungsfähigkeit des Antragstellers, um festzustellen, ob er trotz Einschränkungen sicher am Straßenverkehr teilnehmen kann. Abhängig vom Verlauf der Untersuchungen kann er eine Zustimmung für die Bescheinigung über die Verkehrssicherheit erteilen.
- Medizinisch-psychologisches Gutachten: Eine Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) ist bei schwerwiegenden Einschränkungen zusätzlich zur ärztlichen Untersuchung notwendig. Im Rahmen dieser Untersuchung werden die kognitiven Fähigkeiten, das Reaktions- und Konzentrationsvermögen, Wahrnehmungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Orientierungsfähigkeit und Belastbarkeit anhand verschiedener Tests untersucht.
- Technisches Gutachten: Abhängig von der Art der Behinderung kann ein technisches Gutachten erforderlich sein, mit dem festgestellt wird, ob Veränderungen am Fahrzeug oder technische Hilfsmittel notwendig sind, um das sichere Führen des Fahrzeugs zu ermöglichen. Ein solches Gutachten kann beim TÜV oder bei der DEKRA beauftragt werden.
- Fahrprobe zur Fahrtüchtigkeit: Eine Fahrprobe wird zumeist zusätzlich zu einer MPU oder einem technischen Gutachten angeordnet. Bei der Fahrprobe wird festgestellt, ob der Betroffene trotz Einschränkung sicher am Straßenverkehr teilnehmen kann. Eine solche Fahrprobe kann beim TÜV absolviert werden.
Wird eine Bescheinigung über die Verkehrssicherheit erteilt, steht dem Erwerb des Führerscheins nichts mehr im Wege. Nach bestandener Fahrprüfung werden im Führerschein entsprechende Beeinträchtigungen und Auflagen eingetragen.
Tipp: Ist bereits ein Führerschein vorhanden und tritt eine Behinderung ein oder verändert sich die Behinderung beziehungsweise der Gesundheitszustand, ist zumeist ein weiteres technisches Gutachten erforderlich.
Welche finanziellen Förderungen gibt es für den Führerschein und den Fahrzeugumbau?
Die Kosten für einen Führerschein für Menschen mit Behinderung unterscheiden sich, abhängig von der Fahrschule und der Zahl der benötigten Fahrstunden. Empfehlenswert sind Fahrschulen, die auf Menschen mit Behinderung spezialisiert sind. Die eigentlichen Führerscheinkosten beginnen ungefähr bei 2.000 Euro. Zusatzkosten fallen für Gutachten, Erste-Hilfe-Kurs und Anmeldegebühren an.
Für den Führerschein, die erforderlichen Gutachten und den Umbau des Fahrzeugs können verschiedene Förderungen gewährt werden. Die Krankenkasse kann einen Zuschuss gewähren, um Fahrten zu Ärzten und Therapieeinrichtungen mit dem eigenen Fahrzeug zu erleichtern. Rehabilitationsträger und Integrationsämter können ebenfalls mit Kostenübernahme oder Zuschüssen unterstützen.
Die Renten- oder Unfallversicherung kann einen Zuschuss zum Fahrzeugumbau gewähren, wenn das Fahrzeug für die berufliche Wiedereingliederung benötigt wird. Ein Zuschuss oder die komplette Kostenübernahme für Führerschein und Fahrzeugumbau sind vom Sozialamt oder von der Agentur für Arbeit möglich, wenn Führerschein und Fahrzeug benötigt werden, um einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Nicht nur für Führerschein und Fahrzeugumbau sind Zuschüsse möglich. Auch für den Erwerb eines Fahrzeugs kann ein Zuschuss gewährt werden. Menschen mit Behinderung können auch steuerliche Entlastungen erhalten. Es ist daher wichtig, dass sich behinderte Menschen beim zuständigen Integrationsamt erkundigen.
Welche Fahrzeuganpassungen sind für Menschen mit Behinderung möglich und vorgeschrieben?
Welche Fahrzeuganpassungen für Menschen mit Behinderung erforderlich sind, hängt von der entsprechenden Behinderung und vom Ergebnis des technischen Gutachtens ab. Fahrzeuge können barrierefrei und rollstuhlgerecht umgebaut werden. Einstiegshilfen, Lenk- und Fahrhilfen, ein Joystick für die Steuerung, eine Handbedienung für Kupplung, Bremse und Gas, Verlängerungen von Lenkrad und Schalthebel oder Verladehilfen für den Rollstuhl sind nur einige Beispiele für den behindertengerechten Umbau.