Fahrerflucht in der Probezeit: Welche Folgen sind möglich?

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Das Verhalten von Autofahrern nach einem Unfall im Straßenverkehr könnte teilweise verschiedener nicht sein: Die meisten halten zwar an und stellen sich den Konsequenzen, andere jedoch werden panisch und machen sich einfach aus dem Staub. Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, begeht Fahrerflucht und muss mit weitaus schlimmeren Folgen rechnen. Doch wie sehen diese eigentlich aus, wenn Fahranfänger eine Fahrerflucht in der Probezeit begehen?

FAQ: Fahrerflucht in der Probezeit

Gilt Fahrerflucht in der Probezeit als A- oder B-Verstoß?

Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort gilt in der Probezeit als A-Verstoß. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Welche Probezeitmaßnahmen drohen nach einer Fahrerflucht?

Die Probezeit wird auf vier Jahre verlängert und es besteht die Pflicht zur Teilnahme an einem Aufbauseminar.

Welche Strafe erhalten Fahranfänger nach einer Fahrerflucht?

Welche Strafe in der Probezeit nach einer Fahrerflucht droht, wird im Einzelfall entschieden. Möglich sind ein Bußgeld, drei Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot oder sogar der Entzug der Fahrerlaubnis. Da Fahrerflucht als Straftat gilt, kann eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren drohen.

Video: Wie wird Fahrerflucht bestraft?

Wann der Tatbestand „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ erfüllt ist, erfahren Sie hier.
Wann der Tatbestand „unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ erfüllt ist, erfahren Sie hier.

Wann genau handelt es sich um Fahrerflucht?

Drohen bei einer Fahrerflucht schwerwiegendere Folgen in der Probezeit?
Drohen bei einer Fahrerflucht schwerwiegendere Folgen in der Probezeit?


In Deutschland definiert das Strafgesetzbuch (StGB), wann der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort als erfüllt gilt. Umgangssprachlich wird dieses Fehlverhalten auch als Fahrer- oder Unfallflucht bezeichnet. § 142 Absatz 1 StGB zufolge begeht ein Kraftfahrer Fahrerflucht, der

[…] sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

  1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
  2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen […].“

Die Pflicht, nach einem Verkehrsunfall entweder direkt die Polizei zu rufen oder zu warten, bis der Fahrer des anderen Autos auftaucht, gilt für alle Kraftfahrer gleichermaßen – nicht nur in der Probezeit. Um keine Fahrerflucht zu begehen, müssen Sie gemäß § 142 StGB eine „angemessene“ Zeit lang warten.

Fahrerflucht: In der Probezeit sollten Sie sich nach einem Unfall nicht einfach aus dem Staub machen.
Fahrerflucht: In der Probezeit sollten Sie sich nach einem Unfall nicht einfach aus dem Staub machen.

Je nachdem, welche individuellen Umstände vorliegen (Wie schwer ist der Schaden? Ereignete sich der Unfall tagsüber oder nachts? Wie wahrscheinlich ist es, dass der Fahrer in nächster Zeit auftaucht? etc.), liegt der zeitliche Rahmen zwischen 20 und 60 Minuten.

Es reicht nicht, lediglich einen Zettel mit Ihren Personalien unter dem Scheibenwischer vom anderen Auto zu hinterlassen, um einer Anzeige wegen Fahrerflucht in der Probezeit zu entgehen.

Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich stets, die Polizei hinzuzurufen, anstatt einfach weiterzufahren und so zu tun, als wäre nie etwas geschehen.

Unfallflucht in der Probezeit: Liegt ein A- oder ein B-Verstoß vor?

Bereits seit 1986 erwartet Fahranfänger nach dem erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis zunächst einmal eine zweijährige Probezeit. Verstoßen junge Fahrer während dieser Zeit gegen geltendes Verkehrsrecht, müssen sie mit weitaus härteren Sanktionen rechnen als erfahrene Führerscheininhaber.

Um Zuwiderhandlungen, wie beispielsweise eine Fahrerflucht in der Probezeit, entsprechend ahnden zu können, wird zwischen

  • A-Verstößen (schwerwiegenden Regelmissachtungen) und
  • B-Verstößen (weniger schwerwiegende Regelmissachtungen)

unterschieden. Als Verstoß der Kategorie A wird beispielsweise das Fahren unter Alkoholeinfluss, das Überfahren einer roten Ampel oder die Nutzung vom Handy am Steuer gewertet. Das Fahren ohne Betriebserlaubnis oder eine Überladung gelten hingegen als Verstöße der Kategorie B. Doch wo ist eine begangene Fahrerflucht in der Probezeit einzuordnen?

Leisten sich Fahranfänger einen A-Verstoß, wird die Probezeit von zwei auf insgesamt vier Jahre verlängert. Hinzu kommt die Anordnung, an einem Aufbauseminar teilzunehmen. Die Kosten dafür müssen Sie als auffällig gewordener Fahranfänger selbst tragen. Das Gleiche ist der Fall, wenn zwei B-Verstöße begangen wurden.

Führerschein auf Probe: Bei einer Fahrerflucht handelt es sich um einen A-Verstoß.
Führerschein auf Probe: Bei einer Fahrerflucht handelt es sich um einen A-Verstoß.

Bei einem erneuten A-Verstoß oder zwei B-Verstößen innerhalb der verlängerten Probezeit droht auffällig gewordenen Führerscheinneulingen eine kostenpflichtige Verwarnung sowie die Empfehlung, eine verkehrspsychologische Beratung zu absolvieren.

Haben junge Fahrer auch dann noch nicht aus ihren Fehlern gelernt und leisten sich einen weiteren A-Verstoß oder zwei B-Verstöße, kommt es schließlich zur Entziehung der Fahrerlaubnis.

Bei einer Fahrerflucht in der Probezeit handelt es sich um einen A-Verstoß, weshalb die gerade beschriebenen Sanktionen fällig werden, wenn sich Fahranfänger unerlaubt vom Unfallort entfernen.

Fahrerflucht in der Probezeit: Diese Strafe kann außerdem drohen

Neben den probezeitrelevanten Ahndungen kommen in der Regel noch weitere Folgen auf Führerscheinneulinge zu, die sich der Fahrerflucht in der Probezeit schuldig gemacht haben. In diesem Fall sind sowohl Sanktionen aus dem Verkehrsrecht sowie aus dem Strafrecht möglich. § 142 StGB sieht eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.

Zusätzlich drohen ein Bußgeld, drei Punkte in Flensburg sowie ein Fahrverbot. Auch die Entziehung der Fahrerlaubnis ist denkbar, dazu kommt es jedoch meist nur in außerordentlich schweren Fällen. Die Höhe des Bußgeldes ist ebenfalls abhängig davon, wie hoch der entstandene Schaden letztendlich ist. Eine Fahrerflucht in der Probezeit mit Personenschaden wird beispielsweise als schwerwiegender angesehen, als eine solche mit einem geringen Blechschaden.

Wurden Personen im Zuge des Unfalls verletzt und Sie fuhren als Fahranfänger trotzdem einfach weiter, können zudem noch weitere Tatbestände hinzukommen: die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB sowie die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB. Beide werden als Straftaten angesehen und ziehen entsprechend im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe nach sich.

Da die Festsetzung der Strafe für eine Fahrerflucht in der Probezeit stets anhand einer Einzelfallentscheidung erfolgen muss, kann zwar keine pauschale Aussage getroffen werden, möglich sind allerdings zusammengefasst folgende Konsequenzen:

Bei einer Fahrerflucht in der Probezeit können die Konsequenzen sogar aus einer Haftstrafe bestehen.
Bei einer Fahrerflucht in der Probezeit können die Konsequenzen sogar aus einer Haftstrafe bestehen.
  • Bußgeld
  • Drei Punkte in Flensburg
  • Fahrverbot
  • Entziehung der Fahrerlaubnis (in besonders schweren Fällen)
  • Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren gemäß § 142 StGB
  • Höheres Strafmaß, wenn die Tatbestände der fahrlässigen Körperverletzung und/oder der unterlassenen Hilfeleistung erfüllt sind (bei Fahrerflucht in der Probezeit mit Personenschaden)
  • Probezeitverlängerung von zwei auf insgesamt vier Jahre sowie Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Zugelassen als Rechtsanwalt ist er seit 2007. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Straf-, Zivilrecht.

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