Bußgeld: Schweiz regelt Vollstreckung mit Deutschland

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Wer sich nicht an die geltenden Verkehrsregeln hält, dessen Fehlverhalten kann ein Bußgeld nach sich ziehen. Bußgeldbescheide, die aus dem Ausland kommen, können unter Umständen auch in Deutschland vollstreckt werden. Bei einem Bußgeld aus der Schweiz ist die Vollstreckung in Deutschland allerdings nicht ohne Weiteres möglich.

FAQ: Vollstreckung eines Bußgeldbescheids aus der Schweiz

Kann ein Bußgeldbescheid aus der Schweiz in Deutschland vollstreckt werden?

Ja, dafür gibt es ein spezielles Abkommen zwischen den beiden Deutschland und der Schweiz.

Ab wann kann ein Bußgeldbescheid aus der Schweiz in Deutschland vollstreckt werden?

Umgerechnet ab 70 Euro Geldbuße kann ein Bescheid aus der Schweiz in Deutschland vollstreckt werden.

Wie kann ein Bußgeldbescheid aus der Schweiz vollstreckt werden?

Hierfür kann u. a. ein Inkassounternehmen beauftragt werden oder ein Gericht kann dies anordnen. Aber auch das Bundesamt für Justiz ist für die Vollstreckung in Deutschland zuständig.

Bußgeld aus der Schweiz: Existiert ein Vollstreckungsabkommen?

Bußgeld: Haben die Schweiz und Deutschland ein Abkommen zur Vollstreckung?
Bußgeld: Haben die Schweiz und Deutschland ein Abkommen zur Vollstreckung?

Die Schweiz ist von Deutschland aus schnell mit dem Auto zu erreichen. Gerade deswegen sind Touren ins kleine Nachbarland unter Deutschen beliebt. Jährlich zieht es viele Touristen in Richtung der Schweizer Seen und Berglandschaft. Und da Deutschland als Land der Autoliebhaber gilt, wundert es nicht, dass sich die meisten mit dem eigenen Fahrzeug auf den Weg in den Urlaub machen.

Bußgeldbescheid aus der Schweiz: Bei Vollstreckung wird es häufig teuer.
Bußgeldbescheid aus der Schweiz: Bei Vollstreckung wird es häufig teuer.

Wer sich allerdings im Vorfeld nicht ausreichend mit den vor Ort geltenden Gesetzen vertraut gemacht hat, muss mitunter erhebliche Bußgelder im Ausland hinnehmen, falls es zu Verstößen gegen die Vorschriften des Schweizer Bußgeldkatalogs kommt und beim Bußgeld aus der Schweiz eine Vollstreckung stattfindet.

In diesem Zusammenhang hält sich immer noch hartnäckig die Annahme, Bußen wegen Vergehen im Straßenverkehr, die in der Schweiz begangen wurden, könnten in Deutschland in keinem Fall vollstreckt werden. Dabei handelt es sich allerdings um eine Halbwahrheit. Bei einem Bußgeld aus der Schweiz kann die Vollstreckung unter Umständen auch in Deutschland durchgeführt werden. Ab dem 01.05.2024 ist diesbezüglich auch ein neuer Vertrag in Kraft getreten. Die geforderte Geldbuße aus der Schweiz zu bezahlen ist dann Pflicht.

Wann ist ein Bussgeld aus der Schweiz in Deutschland vollstreckbar?

Nach Art. 37 Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Polizeivertrages vom 27.04.1999 können Bußgelder wegen Verkehrsverstößen von mehr als 80 CHF (entspricht etwa 70 Euro) grenzüberschreitend vollstreckt werden, wenn die nachfolgend aufgelisteten Voraussetzungen vorliegen:

  • Die zu entrichtende Geldstrafe beträgt mindestens 70 Euro oder 80 CHF.
  • Dem Beschuldigten wurde von rechtlicher Seite aus ausreichend Gehör gewährt.
  • Der Betroffene hatte die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid aus der Schweiz und dessen Vollstreckung einzulegen.
  • Das Ersuchen der Schweizer Behörden beschränkt sich auf die Vollstreckung einer bestimmten Geldsumme.
  • Die Entscheidung ist nach dem Recht des ersuchenden Staates vollstreckbar und noch nicht verjährt.
  • Die Zahlungsaufforderung der Behörden aus der Schweiz gegenüber dem Schuldner blieb erfolglos.
Bussgeldbescheid aus der Schweiz: Wer von hinten geblitzt wird, muss oft nicht mit einer Vollstreckung rechnen.
Bussgeldbescheid aus der Schweiz: Wer von hinten geblitzt wird, muss oft nicht mit einer Vollstreckung rechnen.

Die zuständigen Dienststellen in Deutschland weigern sich jedoch in der Regel, den Kollegen wegen dem Bußgeld in der Schweiz und dessen Vollstreckung Hilfe zu leisten, wenn der Fahrzeugführer nach deutschem Recht nicht eindeutig identifiziert werden kann.

Wurde der Betroffene Fahrer beispielsweise von hinten geblitzt, entscheiden sich die Behörden hierzulande häufig, den Antrag der Schweizer Ämter nicht zu bewilligen. Denn anders als in der Schweiz gilt in Deutschland nicht die Halterhaftung.

Bußgeldbescheid: Wie kann die Schweiz eine Vollstreckung im Ausland durchsetzen?

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat die Vollstreckung gegen einen deutschen Staatsbürger, dessen Wohnsitz in Deutschland liegt, für rechtsgültig erklärt (Beschl. v. 25.04.2018, Az. 1 Ws 23/18). Ausgangspunkt war das Urteil eines Schweizer Gerichtes.

Ein 43-jähriger Mann war nach dem in der Schweiz geltenden Strafrecht wegen „Gefährdung des Lebens und wiederholter grober qualifizierter Verletzung der Verkehrsregeln“ zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach Zustimmung des OLG Stuttgart muss der Beschuldigte jetzt für 12 Monate in ein deutsches Gefängnis, um seine Haftstrafe abzusitzen.

Das deutsche Gericht eintscheidet i. d. R., ob es beim Bußgeld aus der Schweiz zur Vollstreckung kommt.
Das deutsche Gericht eintscheidet i. d. R., ob es beim Bußgeld aus der Schweiz zur Vollstreckung kommt.

Der 43-Jährige war bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h mit über 135 km/h durch den Gotthard-Tunnel gefahren und hatte dabei mehrere Verkehrsteilnehmer verbotenerweise überholt.

Der genannte Fall zeigt, dass die Schweiz mitunter erfolgreich ist, wenn es darum geht einen Bußgeldbescheid und dessen Vollstreckung im Ausland durchzusetzen.

Wenn die Richter zu dem Beschluss kommen, dass im Rahmen des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) die beiderseitige Sanktionierbarkeit entscheidend ist, nicht aber die beiderseitige Strafbarkeit, kann in Einzelfällen dem Vollstreckungsantrag stattgegeben werden.

Zwar könne eine 12-monatige Freiheitsstrafe – wie im oben beschriebenen Fallbeispiel – als hart angesehen werden – unverhältnismäßig sei diese jedoch nicht.

Über den Autor

Mathias Voigt (Rechtsanwalt)
Mathias Voigt

Mathias Voigt studierte an der juristischen Faktultät in Rostock und ging anschließend für sein Referendariat nach Nordrhein-Westfalen. Seine anwaltliche Zulassung erhielt er 2013. Seine Interessensschwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Verkehrs- und Strafrecht.

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