Anlage 4 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV): Fahrverbot wegen Krankheit

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Grundsätzlich wird nicht jedem Menschen vollumfänglich die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zugestanden. Liegt eine Erkrankung vor, welche die Fahrtüchtigkeit einschränkt, dann wird die Fahrerlaubnis begrenzt oder auch ganz versagt. Für wen das gilt, ist in Anlage 4 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) festgehalten.

FAQ: Ärztliches Fahrverbot

Wann wird ein ärztliches Fahrverbot ausgesprochen?

Bei bestimmten Krankheiten kann ein ärztliches Fahrverbot erteilt werden. Dazu gehören beispielsweise: Herzrhythmusstörungen, Demenz, Alkoholsucht.

Wer erteilt das ärztliche Fahrverbot?

Die zuständige Behörde (Fahrerlaubnisbehörde) spricht das ärztliche Fahrverbot aus, nicht der Arzt selbst.

Ist das ärztliche Fahrverbot dauerhaft gültig?

Wenn sich das Gesundheitszustand verbessert, kann es sein, dass auch das ärztliche Fahrverbot aufgehoben wird.

Video: Wie funktioniert das Fahrverbot vom Arzt?

Fahrverbot vom Arzt? Geht das wirklich?
Fahrverbot vom Arzt? Geht das wirklich?

Wann ein ärztliches Fahrverbot angeordnet wird

In der Fahrerlaubnisverordnung sind unter Anlage 4 Krankheiten gelistet, die ein ärztliches Fahrverbot begründen
In der Fahrerlaubnisverordnung sind unter Anlage 4 Krankheiten gelistet, die ein ärztliches Fahrverbot begründen


Nicht nur grobes Fehlverhalten führt zu Fahrverboten. Leidet eine Person an einer Erkrankung, welche das sichere Führen von Fahrzeugen erschwert, dann kann ein Fahrverbot auch aus medizinischer Sicht erfolgen.

Innerhalb der Fahrerlaubnisverordnung ist die Anlage 4 die Ergänzung für folgende Paragraphen:

§ 11 – Eignung

In diesem Paragraphen heißt es zuvorderst in Absatz 1, Satz 1 und 2:

Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, […].

§ 13 Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik

Alkoholkonsum am Steuer kann dazu führen, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen abgesprochen wird
Alkoholkonsum am Steuer kann dazu führen, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen abgesprochen wird

Die Anlage 4 FeV listet also nicht nur Erkrankungen, welche genetisch bedingt sind oder von einem Unfall rühren; auch eine Alkoholabhängigkeit kann bekanntlich ein Fahrverbot oder gar die Entziehung der Fahrerlaubnis nach sich ziehen.

Krankheitsverlauf und der Grad der Sucht können unterschiedlich ausgeprägt sein. Muss dann über die Fahrtüchtigkeit entschieden werden, sieht die Fahrerlaubnisverordnung entweder eine ärztliche Untersuchung oder eine MPU vor.


Diese könne nicht nur nachweislich alkoholkranken Fahrern auferlegt werden, sondern grundsätzlich immer bei Alkohol hinterm Steuer.

§ 14 Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel

Unter Punkt 9 der Anlage 4 FeV ist aufgeführt, welche Art von Drogenkonsum in welchem Stadium einen Fahrerlaubnisentzug begründen kann. Hier werden Betäubungsmittel, Cannabis, Arzneimittel und psychoaktiv wirkende Stoffe gelistet.

Welche konkreten Krankheitsbilder begründen ein solches Fahrverbot?

Die Anlage 4 FeV ist als solche sehr umfangreich, weshalb an dieser Stelle eine komprimierte Zusammenfassung erfolgt. Möchten Sie den gesamten Gesetzestext einsehen, finden Sie einen Volltext auf der Seite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.

Bitte beachten! In Absatz 3 der Anlage 4 FeV heißt es:

Die nachstehend vorgenommenen Bewertungen gelten für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich.

Dementsprechend sind diese nachfolgenden Aufzählungen ohne Gewähr und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit – es kann nicht ausgeschlossen werden, dass je nach individuellem Krankheitsverlauf gegenteilig entschieden wird.

In diesen Fällen wird regelmäßig eine Eignung aberkannt

In der Regel sieht die Fahrerlaubnisverordnung eine ärztliche Untersuchung vor, um das individuelle Krankheitsausmaß zu bestimmen
In der Regel sieht die Fahrerlaubnisverordnung eine ärztliche Untersuchung vor, um das individuelle Krankheitsausmaß zu bestimmen
  • Herzrhythmusstörungen, die zu Bewusstlosigkeit führen
  • hoher Blutdruck mit Sehstörungen und Auswirkungen auf das Hirn
  • Herzinsuffizient im Stadium 4 (Symptome treten auch bei Ruhe auf)
  • gestörte arterielle Versorgung der Extremitäten mit Schmerzen bei Ruhe
  • Diabetes mellitus mit starken Stoffwechselentgleisungen (starke Über- oder Unterzuckerung)
  • akute oder schwere organische Psychosen: damit sind psychische (seelische) Krankheiten gemeint, welche auf eine Störung des Gehirns zurückzuführen sind und sich u.a. in Angstzuständen, Wahn oder Orientierungsverlust äußern
  • schwere Altersdemenz (daneben bestimmt die Anlage 4 FeV auch, dass Alterungsprozesse, die zu einer Krankheit und somit zu starker Veränderung der Persönlichkeit führen, ebenfalls die Entziehung einer Fahreignung zur Folge haben)
  • Manien und schwere Formen von Depressionen, auch wenn diese nicht konstant, sondern in kurzen Intervallen gehäuft auftreten
  • akute Schizophrenie
  • Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit
  • Missbrauch und/oder Abhängigkeit von Betäubungsmitteln nach dem Betäubungsmittelgesetz (Cannabis ausgenommen, außer es handelt sich um eine regelmäßige Einnahme)
  • Missbrauch und/oder Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen
  • Niereninsuffizienz, welche zu starker Beeinträchtigung führt
  • Auffällige Hypersomnien (Tagesschläfrigkeiten)
  • Erkrankungen der Lungen und Bronchien, die Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Dynamik haben

Dies ist nur ein Bruchteil aller Erkrankungen, welche in der Anlage 4 FeV aufgelistet sind. Zudem sind diese teils eingeschränkt oder mit Zusatzbestimmungen versehen.

Wieder andere Konditionen sind gelistet, jedoch ohne Bewertung, da eine Pauschalisierung schlichtweg nicht erfolgen kann – hierzu zählen etwa Organtransplantationen.

Droht Fahrverbot nach einem Schlaganfall?

Ein Schlaganfall (Apoplex) beschreibt eine unvermittelt auftretende Störung der Hirnfunktion, infolgedessen es zu einer unterbrochenen Blutversorgung in bestimmten Teilen des Hirns kommen kann.

Dieser äußert sich zuvor in Symptomen wie Halbseitenlähmung, Bewusstseinseintrübungen, Verwirrtheit und Sprech- sowie Sehschwierigkeiten. Die Folgeschäden können stark variieren, je nachdem, wie schnell und gut der betroffenen Person geholfen werden kann – von wenigen nachfolgenden Einschränkungen bis zum kompletten Verlust von Sprache und Bewegungsfähigkeit kann nahezu alles dabei sein.

Dementsprechend gibt es auch keine pauschale Antwort darauf, ob ein Fahrer nach einem Schlaganfall noch geeignet ist für den Verkehr oder eben nicht. Diese Entscheidung wird in der Regel am konkreten Einzelfall gefällt.

Ob ein durch Epilepsie hervorgerufener Krampfanfall ein Fahrverbot begründet, gilt es, fallindividuell zu klären
Ob ein durch Epilepsie hervorgerufener Krampfanfall ein Fahrverbot begründet, gilt es, fallindividuell zu klären

Ähnlich verhält es sich bei Epilepsie. Diesbezüglich bestimmt die Anlage 4 FeV:

  • Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T: Fahrzeuge dürften dann geführt werden, wenn Rückfälle ausgeschlossen werden können – ein regelmäßiger Beweis hierfür ist, wenn betroffene Epileptiker ein Jahr lang anfallsfrei waren
  • C, C1, CE, C1E, D, D1,DE, D1E, FzF: Hier bedarf es in der Regel fünf anfallsfreie Jahre, ohne eine Therapie

Ein Fahrverbot bei Epilepsie wird also dann angeordnet, wenn Rückfälle über einen längeren Zeitraum nicht ausgeschlossen werden können bzw. wenn die körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen derart sind, dass das Führen des Fahrzeuges erheblich erschwert wird.

Was passiert, wenn sich über ein ärztliches Fahrverbot hinweg gesetzt wird?

Ist eine Person durch eine in der Anlage 4 FeV aufgeführte Erkrankung vom Verkehr ausgeschlossen und setzt sich über ein Fahrverbot hinweg, dann droht hierfür nicht etwa das „Fahren ohne Fahrerlaubnis“. Gleichwohl von einem Fahrverbot die Rede ist, darf ein Arzt jemandem grundsätzlich nicht die Berechtigung zum Fahren entziehen.

Dennoch erfolgt natürlich eine Sanktion, wenn ein Fahrzeug trotz eines solchen Gutachtens geführt wird. Autofahrer sind nämlich zu umsichtigem Fahren verpflichtet. So heißt es im § 315c Abs. 1 Strafgesetzbuch, „Gefährdung des Straßenverkehrs“:

Wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er […] infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, […] und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Das Strafmaß richtet sich dementsprechend nach unterschiedlichen Faktoren: Welche Erkrankung vorliegt, wie diese in Anlage 4 FeV bewertet wird, wie stark die Beeinträchtigungen sind, ob es zu Schäden kam et cetera.

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Zugelassen als Rechtsanwalt ist er seit 2007. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Straf-, Zivilrecht.

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