Anhörungsbogen: Verstoß zugeben oder lieber nicht?

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Wer sich im Verkehr einen Fehltritt erlaubt hat und auf einen entsprechenden Bußgeldbescheid wartet, dem wird in der Regel zunächst ein Anhörungsbogen geschickt. Auf diesem besteht die Möglichkeit, sich schriftlich zu äußern – aber sollten Betroffene auf ihrem Anhörungsbogen einen Verstoß überhaupt zugeben?

FAQ: Verstoß auf dem Anhörungsbogen zugeben oder nicht?

Muss ich den Verstoß auf dem Anhörungsbogen zugeben?

Nein, niemand ist dazu verpflichtet, sich selbst zu belasten.

Kann ich angeben, dass ein Anderer den Verstoß mit meinem Kfz begangen hat?

Nein, eine andere Person fälschlich zu beschuldigen kann eine Straftat darstellen.

Was passiert, wenn ich den Verstoß auf dem Anhörungsbogen nicht zugebe?

Es kann sein, dass die Behörde dann weitere Ermittlungen anstellt und z. B. nach Zeugen sucht.

Der Anhörungsbogen – Das Wichtigste im Video

Video: Das müssen Sie zum Anhörungsbogen wissen.
Video: Das müssen Sie zum Anhörungsbogen wissen.

Beschuldigte haben Anspruch auf „rechtliches Gehör“

Der Anhörungsbogen: Muss ich zugeben, was passiert ist - oder nicht?
Der Anhörungsbogen: Muss ich zugeben, was passiert ist – oder nicht?


Da es gerade bezüglich des Anhörungsbogens viele Halbwahrheiten im Umlauf sind, sollten vorab einige Sachverhalte geklärt werden.

Ein Anhörungsbogen ist ein offizielles behördliches Dokument, welches das jeweilige Bußgeldverfahren einleitet. Die Praxis eines Anhörungsbogens ergibt sich aus dem Grundgesetz, welches in § 103 festhält:

Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

Auch wenn Sie die Ihnen vorgeworfene Tat begangen haben: Sie müssen auf einem Anhörungsbogen einen Verstoß dennoch nicht zugeben, gleichwohl er wahr sein mag. Sie können das entsprechende Feld auch einfach leer lassen. Denn hier kommt ein weiteres Recht ins Spiel: Kein Bürger ist dazu gezwungen, sich selbst zu belasten. Zudem gilt in Deutschland die Täterhaftung und nicht die Halterhaftung. Das bedeutet, dass der wirkliche Fahrer des Wagens zur Rechenschaft gezogen werden soll – und nicht der Halter eines Fahrzeuges.

In der Regel besteht also keine Verpflichtung, auf einem Anhörungsbogen einen Verstoß zugeben zu müssen respektive überhaupt auf das Schreiben zu antworten. Einen entsprechenden Bußgeldbescheid werden Sie in der Regel trotzdem erhalten.
Sie müssen auf einem Anhörungsbogen einen Verstoß nicht zugeben - meist müssen Sie nicht einmal antworten
Sie müssen auf einem Anhörungsbogen einen Verstoß nicht zugeben – meist müssen Sie nicht einmal antworten

Meist schlägt der Formulierungsstil eines solchen Bogens einen dringlichen Ton an und den Hinweis, dass das Schreiben innerhalb einer bestimmten Frist zurück gesendet werden sollte.

Dies hat jedoch nicht mit bloßer Panikmache zu tun. Denn: In manchen Fällen sollten Betroffene auf einen solchen Anhörungsbogen antworten, und dann gilt es auch, eine entsprechende Frist zu wahren – vor allem dann, wenn der Täter nicht eindeutig klar ist.

Ausnahmen sind nicht ausgeschlossen!

Anhörungsbogen: Zugeben oder nicht antworten? In manchen Fällen führt Letzteres zu Sanktionen.
Anhörungsbogen: Zugeben oder nicht antworten? In manchen Fällen führt Letzteres zu Sanktionen.

Dass es in der Regel keine Nachteile mit sich bringt, einen solchen Bogen nicht auszufüllen, dürfte viele beruhigen. Dennoch gilt auch hier: Dies kann nicht auf jeden Fall angewendet werden – gerade dann, wenn der Halter des Wagens diesen zum Tatzeitpunkt nicht selbst geführt hat.

Manch gewiefter Autofahrer denkt sich in solch einem Fall, dass er die Sache einfach aussitzen kann, da er ja auf einem Anhörungsbogen einen Verstoß nicht zugeben muss. Dem ist jedoch nicht so.

Erwarten Sie einen Bußgeldbescheid, aber der Halter war nicht der Fahrer, dann kann die Sanktion nicht einfach umgangen werden.

Schicken Sie in solch einem Fall den Anhörungsbogen nicht fristgerecht oder unvollständig zurück, dann ist es mitunter möglich, dass Sie eine Sanktion erhalten – schließlich behindern sie damit die Arbeit der Behörden, die den wahren Täter finden wollen – oder die entsprechende Strafe wird auf den Halter übergehen. Würde sich jemand beharrlich weigern zu kooperieren, ist auch eine Fahrtenbuchauflage durchaus denkbar.

Auch hier gilt: Sie müssen den im Anhörungsbogen gelisteten Verstoß nicht zugeben, aber Sie sollten die bearbeitende Stelle darüber informieren, wer zum jeweiligen Zeitpunkt den betroffenen Wagen tatsächlich geführt hat – eine Ausnahme besteht dann, wenn es sich um nahe Angehörige handelt. Die hier betrachteten Fälle handeln zudem von eher kleinen Delikten. Wird Ihnen eine schwerwiegende Straftat vorgeworfen, sollten Sie sich stets rechtlichen Beistand suchen.

Über den Autor

Murat Kilinc (Rechtsanwalt)
Murat Kilinc

Murat Kilinc studierte Jura an der Uni Bremen. Sein Referendariat führte ihn in den Landgerichtsbezirk Verden sowie das OLG Celle. Seine Zulassung als Anwalt erhielt er 2014. Seit 2018 ist er zudem Fachanwalt für Verkehrsrecht und befasst sich umfassend mit diesem Rechtsgebiet.

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