Die Klärung der Schuldfrage nach einem Verkehrsunfall gestaltet sich in vielen Fällen schwierig. Grund hierfür ist, dass nicht nur einem der Beteiligten die Alleinschuld an dem Schadensereignis zugewiesen werden kann. Doch wie kann sich die Mitschuld auch des anderen auf die Schadensregulierung auswirken?
FAQ: Mitschuld
Wenn ein Unfallbeteiligter den Unfall durch sein Verhalten begünstigt oder den Schadensfolgen wesentlich verstärkt hat, trägt er eine Mitschuld.
Macht ein Unfallgeschädigter Schadensersatz geltend, so verringert sich sein Anspruch prozentual um den Anteil seiner Mitschuld. Hat er den Unfall z. B. zu 30 Prozent mitverschuldet, wird sein Anspruch um diesen Prozentsatz gekürzt.
Der Bundesgerichtshof sieht ein Mitverschulden als gegeben, wenn Fahrzeuginsassen den Sicherheitsgurt nicht anlegen.
Im Video: Infos über Mitverschulden beim Autounfall
Welche Ansprüche haben Beteiligte bei Mitverschulden?
Inhalt
Eine Teil- oder Mitschuld trägt ein Unfallbeteiligter immer dann, wenn sein Verhalten in irgendeiner Weise den Unfall begünstigt oder deren Schadensfolgen erheblich verstärkt hat. Kann nach einem Unfall eine Mitschuld auf allen Seiten der Beteiligten erkannt werden, ist in der Folge eine Quote herauszubilden, die sich auf die Schadensregulierung auswirkt.
Bei der Begutachtung des Falles wägen Versicherer, Anwälte oder ggf. Richter ab, in welchem Maße jedem der Beteiligten eine Mitschuld bei dem Unfall zugeschrieben werden kann. Bei einer Teilschuld-Verteilung von 60 zu 40 etwa, trägt ersterer mit 60 Prozent die Hauptschuld am Schadensereignis, der andere 40 Prozent.
Wie hoch die Quote vom Mitverschulden am Ende ausfällt, ergibt sich aus der Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls.
Anteiliger Schadensersatz bei Mitverschulden
Die so ermittelte Haftungsquote wird auf die gegenseitig erhobenen Ansprüche angerechnet. Ein Beispiel zur Verdeutlichung:
A wurde ein Verschulden von 70 Prozent am Unfall zugewiesen. B trägt entsprechend 30 Prozent Mitschuld. A hat gegenüber der Versicherung von B einen Schaden in Höhe von 7.000 Euro geltend gemacht. B wiederum hat bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung einen Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch von 14.000 Euro angewiesen.
Die Schadenshöhen haben die beiden Versicherer dem Grunde und der Höhe nach im Wesentlichen anerkannt, es bedarf jedoch noch der Abzüge entsprechend der Haftungsquote. Das bedeutet:
A erhält nur 30 Prozent der geltend gemachten Summe – also 2.100 Euro -, weil er den erlittenen Schaden zu 70 Prozent selbst zu verantworten hat. Bei B ist es genau umgekehrt, er erhält 70 Prozent der anerkannten Schadenssumme, mithin 9.800 Euro.
Urteile zum Mitverschulden bei Unfall
Im Folgenden einige Beispiele für gerichtliche Entscheidungen, bei denen auch dem Geschädigten eine Mitschuld zugesprochen wurde:
- Einer Fahrradfahrerin sprach das Oberlandesgericht Schleswig eine Mitschuld an einem Unfall zu, weil Sie keinen Helm getragen hat (AZ 7 U 11/12). Obwohl es für Fahrradfahrer in Deutschland keine Helmpflicht gibt, habe die fehlende Ausrüstung nach Einschätzung des Gerichts die Verletzungen der Betroffenen erheblich verstärkt. Das Nichttragen des Helms kann so als Mitverschulden gegen sich selbst bewertet werden, da eigene Versäumnisse die Schäden erheblich beeinflussten.
- Der Bundesgerichtshof hat darüber hinaus in einem Urteil festgestellt, dass das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes ebenfalls ein Mitverschulden bei einem Unfall begründet (AZ VI ZR 161/02). Die verpflichtend anzulegende Sicherung soll im Falle eines Aufpralles größere Schäden vermeiden, und tut dies nachweislich auch. Ein Verstoß gegen die Gurtpflicht, die bei einem Autounfall zu erheblichen immateriellen Schäden führt, kann nicht dem anderen Unfallbeteiligten zur Last gelegt werden.
- Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einem anderen Fall entschieden, dass ein Fahrer immer Mitschuld habe, wenn dieser mit 1,6 Promille im Blut fährt (AZ 17 U 220/01). Hier bewegen wir uns schon im Bereich einer strafbaren Trunkenheitsfahrt. Unabhängig davon, dass er faktisch nicht zum Unfall beigetragen hat, ist die Mitschuld aufgrund des starken Alkoholkonsums stets anzunehmen.
Interessant zu lesen, wie die Mitschuld entsprechend die Unfallabwicklung beeinflusst. Meine Cousine wurde gerade erst in einen Autounfall verwickelt. Ich würde ihr gerne helfen zu errechnen, wie viel Schadenersatz sie wahrscheinlich zugesprochen bekommt. Dafür ist der Artikel sehr hilfreich.