Vollstreckung ausländischer Bußgelder: Wann und wie?

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Wann die Vollstreckung ausländischer Bußgelder in Deutschland zum Thema wird, ist abhängig davon, wo der Verkehrsverstoß begangen wurde und wie hoch die Sanktion ist. Denn nur unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, ein Bußgeld aus dem Ausland zur Vollstreckung in Deutschland zu bringen.

Weitere Ratgeber zur Vollstreckung ausländischer Bußgelder

Hier finden Sie Infos zur Vollstreckung in den einzelnen Ländern

FAQ: Vollstreckung ausländischer Bußgelder

Ist es für die Vollstreckung eines ausländisches Bußgeldes wichtig, wo dieser verhängt wurde?

Ja, denn besteht kein Vollstreckungsabkommen, kann dieses nur vor Ort und nicht in Deutschland vollstreckt werden?

Ist die Höhe des Bußgeldes für die Vollstreckung von Bedeutung?

Ja, denn innerhalb der EU können Bußgelder erst ab einer Höher von 70 Euro (inklusive Gebühren) in den anderen Mitgliedsstaaten vollstreckt werden. Eine Ausnahme bilden für Deutschland Bußgelder aus Österreich. Deren Vollstreckung ist bereits ab 20 Euro möglich.

Welche Verjährungsfristen gelten, die in Deutschland oder die des Landes, welches das Bußgeld verhängt hat?

Es gelten die Verjährungsfristen des Landes, welches das Bußgeld verhängt hat.

Wo der Bescheid herkommt, spielt eine Rolle

Die Vollstreckung ausländischer Bußgelder ist in Deutschland auf der Grundlage eines Vollstreckungsabkommens möglich.
Die Vollstreckung ausländischer Bußgelder ist in Deutschland auf der Grundlage eines Vollstreckungsabkommens möglich.

Ob eine Vollstreckung von einem Bußgeld aus dem Ausland in Deutschland überhaupt möglich ist, lässt sich relativ einfach feststellen. Denn nur wenn ein sogenanntes Vollstreckungsabkommen zwischen Deutschland und dem jeweiligen Urlaubsland besteht, ist das zulässig. Ist ein solches also nicht vorhanden, kann ein ausländisches Bußgeld hier nicht eingefordert werden.

Doch mit wem besteht ein Abkommen? Derzeit ist das nur mit den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union der Fall. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet der „EU-Rahmenbeschlusses über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (Rahmenbeschluss 2005/214/JI)“ – oft auch als RBGeld bezeichnet.

Mit Ausnahme von Griechenland haben alle Mitgliedsstaaten der Union den Beschluss in nationales Recht umgesetzt, sodass eine Vollstreckung ausländischer Bußgelder aus diesen Staaten innerhalb der EU möglich ist. Kommt ein Bescheid jedoch aus einem Nicht-EU-Land, können Forderungen demnach nicht durchgesetzt werden.

Was darf vollstreckt werden?

Ein Bußgeld aus dem Ausland unterliegt der Vollstreckung, wenn die sogenannte Bagatellgrenze von 70 Euro überschritten ist.
Ein Bußgeld aus dem Ausland unterliegt der Vollstreckung, wenn die sogenannte Bagatellgrenze von 70 Euro überschritten ist.

Der benannte Rahmenbeschluss umfasst nur Geldsanktionen, die aufgrund einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verhängt werden. Die sogenannte Bagatellgrenze legt fest, dass die Sanktionen mindestens 70 Euro betragen müssen, damit ein Vollstreckungshilfegesuch gestellt werden kann

Dabei ist immer zu beachten, dass das Bußgeld oder die Geldstrafe nicht allein in Bezug auf diese Grenze zu betrachten sind. Auch etwaige Verwaltungs- und Mahngebühren sowie auch Verfahrenskosten fließen in die Berechnung mit ein und können so die Gesamtsumme schnell auf oder über die 70 Euro heben.

Achtung: Zwischen Österreich und Deutschland besteht ein gesondertes Abkommen, welches die Vollstreckung bereits ab 25 Euro erlaubt.

Es ist also nur die Vollstreckung ausländischer Bußgelder erlaubt. Andere Sanktionen bei Verkehrsverstößen, wie Punkte, Fahrverbote oder gar die Entziehung der Fahrerlaubnis werden nicht in das jeweilige Heimatland übertragen – das gilt entsprechend auch für Deutschland. Wie dies in Bezug auf Freiheitsstrafen aussieht, kann das vom jeweiligen Einzelfall abhängig sein. Es ist daher durchaus möglich, dass eine solche auch in Deutschland vollstreckbar ist.

Wie funktioniert die Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide?

Um die Vollstreckung ausländischer Bußgelder in Deutschland durchführen zu können, müssen die ausländischen Behörden bestimmte Schritte einleiten. Ein Antrag auf Amts- bzw. Vollstreckungshilfe muss beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingehen, damit dieses tätig werden kann.

Das BfJ prüft diesen dann auf die sogenannte formale Zulässigkeit und führt, wenn er als berechtigt erachtet wird, die Vollstreckung der Summen durch. Diese werden dann nicht an den Antragsteller weitergeleitet, sondern kommen der deutschen Staatskasse zugute. Das ist in jedem EU-Mitgliedsstaat der Fall. Daher kann es vorkommen, dass Länder auf eine Vollstreckung verzichten, da der Aufwand relativ groß ist und sie das Geld am Ende nicht erhalten.

Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Vollstreckung eines ausländischen Bußgeldes nicht doch noch erfolgen dann – und zwar dann, wenn Betroffene erneut in das Land einreisen und die Verjährung zur Verfolgung oder Vollstreckung noch nicht abgelaufen ist. So kann ein Bußgeld unter Umständen nach Jahren bei einem erneuten Urlaub eingefordert werden, da sich die Verjährungsfristen in den Ländern oft deutlich von den deutschen unterscheiden.

Ist ein Einspruch gegen die Vollstreckung möglich?

Die Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide kommt der deutschen Staatskasse zugute.
Die Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide kommt der deutschen Staatskasse zugute.

Hat das BfJ einen Antrag bewilligt und den Bußgeldbescheid an den Betroffenen weitergeleitet, hat dieser die Option, gegen die Bewilligung Einspruch einzulegen. Geschieht dies nicht, erlangt der Bescheid in der Regel Rechtskraft. In diesem Fall ist dann kein Einspruch mehr möglich.

Da in Deutschland die Fahrerhaftung gilt, in vielen anderen EU-Staaten jedoch eine Halterhaftung besteht, wird ein Bescheid üblicherweise an den Halter gesandt.

Lässt sich jedoch nicht nachweisen, wer gefahren ist, kann die Vollstreckung ausländischer Bußgelder auch scheitern, da das BfJ die Sanktion in der Regel nicht auf den Halter überträgt.

Daher sollten Betroffene prüfen, ob die Angaben im Bescheid stimmen und gegebenenfalls einen Einspruch einlegen.

Bußgelder von außerhalb der EU: Mit was ist zu rechnen?

Grundsätzlich ist zu sagen, dass eine Vollstreckung ausländischer Bußgelder, die außerhalb der EU verhängt wurden, in Deutschland nicht möglich ist. Betroffene können einen solchen Bescheid ignorieren, wenn sie keine weitere Reise in das Land planen – denn dann greifen die jeweiligen Verjährungsfristen der Länder. Innerhalb einer solchen, kann ein offenes Bußgeld durchaus zu Schwierigkeiten führen.

Zum einen ist es möglich, dass die Einreise nicht erlaubt wird oder zumindest so lange untersagt bleibt, bis der Betrag bezahlt ist. Hier kommen in der Regel dann auch Zinsen zum Tragen, die ein Bußgeld schnell auch verdoppeln oder noch höher steigen lassen können. Zum anderen kann in einigen Ländern ein offener Bußgeldbescheid in einen Haftbefehl umgewandelt werden und dieser unterliegt dann nicht mehr der Verjährungsfrist. Es liegt dann im Ermessen der zuständigen Behörden, ob durch Zahlung der Beträge der Haftbefehl erlischt und eine Einreise erlaubt wird oder ob Betroffene sich wieder auf den Heimweg machen müssen.

In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass es in bestimmten Staaten auch keine Verjährung gibt. Dann ist eine Vollstreckung ausländischer Bußgelder jederzeit möglich, was einen Urlaub entweder abrupt beenden oder die Urlaubskasse massiv schrumpfen lassen kann. Daher ist es immer eine Überlegung wert, ob ein ausländischer Bußgeldbescheid ignoriert werden sollte oder nicht.

Oftmals findet die Vollstreckung ausländischer Bußgelder auch statt, ohne dass es Betroffene im ersten Augenblick mitbekommen. Waren sie mit einem Mietwagen unterwegs, kann es durchaus sein, dass die Behörden den Bescheid an den Verleiher schicken und dieser den fälligen Betrag mit der Abrechnung einfordert bzw. die hinterlegte Zahlungsart entsprechend beachtet. Hier können unter Umständen auch noch zusätzliche Bearbeitungsgebühren durch den Autoverleiher hinzukommen.

Über den Autor

Murat Kilinc (Rechtsanwalt)
Murat Kilinc

Murat Kilinc studierte Jura an der Uni Bremen. Sein Referendariat führte ihn in den Landgerichtsbezirk Verden sowie das OLG Celle. Seine Zulassung als Anwalt erhielt er 2014. Seit 2018 ist er zudem Fachanwalt für Verkehrsrecht und befasst sich umfassend mit diesem Rechtsgebiet.

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