Rechtsmissbrauch: Was ist das, wann liegt es vor?

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Das deutsche Rechtssystem ist ein Geflecht aus unzähligen Gesetzen, Rechten und Urteilen. Um sich darin auszukennen, ist ein jahrelanges, intensives und zeitaufwendiges Studium nötig, bis sich derjenige schließlich Jurist – oder scherzhaft auch Rechtsverdreher – nennen kann. Ein Recht zu „verdrehen“, ist jedoch nicht einfach, denn es gibt entsprechende Grundsätze: Ein Recht darf nicht ausschließlich genutzt werden, um anderen zu schaden – sonst liegt ein Rechtsmissbrauch vor.

FAQ: Rechtsmissbrauch

Was ist unter Rechtsmissbrauch zu verstehen?

Kommt es bei einer Rechtsausübung zu Fehlern und verstößt diese dann gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, liegt ein Rechtsmissbrauch vor. Was genau das bedeutet, lesen Sie hier.

Gibt es eine gesetzliche Definition von Rechtsmissbrauch?

Ja, unter anderem in §242 BGB wird festgelegt, was als rechtsmissbräuchlich gelten kann. Beispiele finden Sie hier.

Was sind die Konsequenzen bei einem Rechtsmissbrauch?

Gesetzlich gibt es keine festgelegten bzw. vorgegebenen Sanktionen. Es wird im Einzelfall entschieden.

Was wird unter dem Begriff „Rechtsmissbrauch“ verstanden?

Wann liegt Rechtsmissbrauch vor? Wir klären auf.
Wann liegt Rechtsmissbrauch vor? Wir klären auf.

Jeder Mensch hat Rechte. Zu den Grundrechten kommt eine Reihe von weiteren Rechten, die sich aus den jeweiligen Situationen ergeben. Wer sich dabei auskennt, ist klar im Vorteil. Doch nicht jede Rechtsausübung ist gestattet. So kann ein Recht vorliegen, für dessen Ausübung zunächst kein (formeller) Hinderungsgrund vorliegt. Sollten jedoch besondere Umstände vorliegen, weswegen die Rechtsausübung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, liegt ein Rechtsmissbrauch vor. Ausdrücke wie Schikane und unzulässige Rechtsausübung werden für einen solchen Missbrauch häufig synonym verwendet.

Rechtsmissbrauch ist keine Straftat wie bspw. die Sachbeschädigung. Dennoch können sich Geschädigte dagegen wehren. Wir wollen im Folgenden dazu einige Begriffe definieren, die sich aus entsprechenden Paragrafen zur unzulässigen Ausübung eines Rechts ergeben sowie auf Beispiele und letzten Endes auf mögliche Konsequenzen eingehen.

Grundsatz von Treu und Glauben

Dies bezeichnet einen in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre vorherrschenden Grundsatz. Gemeint ist damit ein im allgemeinen Verständnis anständig handelnder Mensch (im weiteren Sinne). Genaueres ist dazu nicht definiert. Der Begriff des Rechtsmissbrauchs in Bezug auf den Grundsatz von Treu und Glauben ergibt sich aus dem Paragrafen 242 des Bürgerliches Gesetzbuches (BGB). Darin heißt es:

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Begriff „Verkehrssitte“ bezeichnet in diesem Zusammenhang den üblichen, wenn auch nicht formal festgelegten Umgang im deutschen Rechtsverkehr. Es ist anzunehmen, dass Vertragspartner die Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs als Grundlage für Ihre Rechtsbeziehungen ansehen. Aus diesem Grund ist die Verkehrssitte zu beachten.

Beispiel für den Rechtsmissbrauch nach §242 BGB

Wiederholt die Zahlung zu verweigern und dann auf Verjährung zu pochen, stellt einen Rechtsmissbrauch dar.
Wiederholt die Zahlung zu verweigern und dann auf Verjährung zu pochen, stellt einen Rechtsmissbrauch dar.

Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzestextes ergibt, ist der Verweis auf das Schuldrecht üblich. Allerdings muss hierbei erwähnt werden, dass der Grundsatz auch an anderen Stellen im Rechtssystem angewandt wird. Genauso existiert der Rechtsmissbrauch in allen Rechtsgebieten.

Ein Beispiel wäre der Abschluss eines Kaufvertrages. Rechtsmissbrauch läge hier vor, wenn der Schuldner sich wiederholt weigert, seinen Zahlungspflichten nachzukommen, nur um im Anschluss die Verjährung der Ansprüche dem Gläubiger gegenüber darauf geltend machen zu wollen. Schließlich hat er an dieser Stelle selbst dazu beigetragen, dass die Verjährung eintritt.

Schikane nach dem BGB

Rechtsmissbrauch ergibt sich zudem aus Paragraf 226 BGB zum Schikaneverbot. Darin heißt es wie folgt:

Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.

Hierbei handelt es sich um einen Sonderfall zur unzulässigen Rechtsausübung. Eine solche schikanöse Rechtsausübung ist unzulässig und kann unter Umständen sogar schadensersatzpflichtig machen. Voraussetzung ist, dass der einzige Zweck der Rechtsausübung ist, einen anderen zu schädigen.

So wäre es bspw. rechtsmissbräuchlich, wenn ein Vater seinem Sohn den Zutritt zu seinem Grundstück verwehrt, obwohl hier das Grab der Mutter liegt.

Strafen für rechtsmissbräuchliche Taten

Anders als bei Ordnungswidrigkeiten im Verkehr, gibt es für Rechtsmissbrauch keinen Bußgeldkatalog.
Anders als bei Ordnungswidrigkeiten im Verkehr, gibt es für Rechtsmissbrauch keinen Bußgeldkatalog.

Für das BGB existiert kein Bußgeldkatalog wie für die Ordnungswidrigkeiten im Verkehrsrecht, bei der jeder Verstoß mit einer vorgegeben Sanktion versehen ist.

Stattdessen kommt es beim Rechtsmissbrauch auf den Einzelfall an.

Dabei gilt aber: Wer einen Rechtsmissbrauch nach § 242 begeht, der verliert seinen Anspruch.

Der Geschädigte kann darüber hinaus dagegen eine rechtsvernichtende Einwendung vorbringen und zusätzlich eine Leistungsverweigerung geltend machen.

Über den Autor

Mathias Voigt (Rechtsanwalt)
Mathias Voigt

Mathias Voigt studierte an der juristischen Faktultät in Rostock und ging anschließend für sein Referendariat nach Nordrhein-Westfalen. Seine anwaltliche Zulassung erhielt er 2013. Seine Interessensschwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Verkehrs- und Strafrecht.

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