Deutschlands Autobahnen sind bekannt für ihre nicht existente Geschwindigkeitsbeschränkung. Gemäß deutschem Verkehrsrecht gibt es zwar eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h, nach oben hin ist im dortigen Straßenverkehr aber keine Grenze festgelegt. Da stellt sich die Frage: Gibt es eigentlich eine in der Straßenverkehrsordnung (StVO) festgelegte Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn?
FAQ: Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn
Grundsätzlich gibt es keine Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn. Die Geschwindigkeit muss viel mehr an den Verkehrsfluss angepasst sein. Bei stichhaltigen Gründen (schlechte Witterungsbedingungen, Baustelle, Stau) kann auch langsamer als 60 km/h gefahren werden.
Der Irrtum über eine Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn entstand aufgrund einer Passage aus der StVO, die vorschreibt, dass nur Kfz mit einer bauartbedingten Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen unterwegs sein dürfen. Diese Kfz müssen aber lediglich in der Lage sein, mindestens 60 km/h zu fahren.
Wenn Sie ohne triftigen Grund so langsam fahren, dass Sie den Verkehrsfluss behindern, kann dies durchaus als Ordnungswidrigkeit sanktioniert werden. Ein Bußgeld von 25 Euro ist möglich.
Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn in Deutschland gemäß StVO
Inhalt
Tatsächlich herrscht in dieser Hinsicht ein weit verbreiteter Irrtum: Viele Verkehrsteilnehmer glauben, dass die Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn in der StVO vorgeschrieben ist. In § 18 Abs. 1 Satz 1 StVO heißt es nämlich:
Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt (…)
Aus diesem Satz wird häufig abgeleitet, dass ein Auto auf einer solchen Straße mindestens mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h fahren muss. Die in diesem Satz beschriebene bauartbedingte Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn gilt jedoch nicht generell auf dieser Strecke. Viel mehr muss eine solche an den Verkehrsfluss angepasst sein – das bedeutet, ein Schleichen in beliebiger Geschwindigkeit ohne einen plausiblen Grund ist hier ebenfalls nicht erlaubt. So schreibt es § 3 Abs. 2 StVO vor.
Stichhaltige Gründe für langsames Fahren auf deutschen Autobahnen
So gibt es Situationen, die generell eine Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn aufheben würden, wenn es sie denn so pauschal gäbe:
- Witterungsbedingungen wie starker Regen, Glatteis, dichter Nebel
- Staus
- eine besonders schwere bzw. sperrige Ladung auf dem Fahrzeug
- eine Baustelle
In solchen Situationen ist es manches Mal angebracht bzw. sogar vorgeschrieben, langsamer als 60 km/h zu fahren – eine Anpassung an den Verkehrsfluss sollte dennoch sichergestellt sein.
Die Gefahr von Schleichern auf der Autobahn
Wer sich nicht an den Verkehrsfluss und somit an die Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn hält, der kann schnell zur Gefahr für andere Kfz-Führer werden. Auffahrunfälle und riskante Überholmanöver können aus solch einem Verhalten resultieren. Wenn ein Fahrer abrupt auf die linke Fahrspur wechseln muss, obwohl er die dort erforderliche Geschwindigkeit noch nicht erreicht hat, kann auch dies zu schweren Unfällen auf der Autobahn führen.
Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn nicht eingehalten: Drohen Bußgelder oder andere Sanktionen?
Natürlich haben wir soeben festgestellt, dass eine Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn nicht vorgeschrieben ist, sondern sich aus dem Verkehrsfluss ergibt, an den sich die Fahrzeuge auf der Straße anpassen müssen. Daher gibt es auch keine Bußgeldtabelle, die pauschal entsprechende Sanktionen pro zu langsam gefahrenem Stundenkilometer vorgibt.
Dennoch kann es zu Sanktionen kommen, wenn ein Fahrer aufgrund seines zu niedrigen Tempos andere Verkehrsteilnehmer behindert. Dies stellt tatsächlich eine Ordnungswidrigkeit dar und gibt der Polizei einen ausreichenden Grund, den Betroffenen anzuhalten. Der Bußgeldbescheid kann in diesem Fall ein Bußgeld in Höhe von 20 Euro verhängen.
Strafen drohen jedoch auch in anderer Form, wenn ein Schleicher die Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn unterschreitet. So gab es im Jahre 2016 einen Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg, das über einen Auffahrunfall auf der Autobahn entschied. Der Geschädigte klagte auf Schmerzensgeld und kompletten Schadensersatz.
Gibt es eine Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn in anderen Ländern?
Obwohl es in Deutschland auf der Autobahn keine Mindestgeschwindigkeit gibt, kommt hier allein das deutsche Verkehrsrecht zum Tragen. In anderen Ländern können durchaus entsprechende Gesetze bzw. Verordnungen Vorschriften zur mindestens einzuhaltenden Geschwindigkeit enthalten.
Aber auch diese geben in der Regel keine spezifische km/h-Angabe vor, welche eingehalten werden muss. Vielmehr gibt es, wie in Deutschland, den Grundsatz, dass nur Kfz mit einer vorgeschriebenen Bauart auf diesen Straßentyp dürfen, die eine entsprechende Geschwindigkeit erreichen können.
So gibt es bspw. eine bauartbedingte Mindestgeschwindigkeit auf der Autobahn in Österreich. Die österreichische StVO schreibt in § 46 Abs. 1 vor, dass hier ebenfalls nur Kfz auf die Autobahn dürfen, die mehr als 60 km/h fahren können. In der Schweiz hingegen müssen die Fahrzeuge eine Höchstgeschwindigkeit von mindestens 80 km/h auf den Tacho bringen können, wenn sie die Autobahn nutzen möchten.