Wildwechsel: Wenn Reh & Co. auf Wanderschaft gehen

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Vor allem in Herbst und Winter kommt es vermehrt zu Wildwechsel, was einigen Autofahrern schnell zum Verhängnis werden kann. Taucht plötzlich ein wildes Tier auf der Fahrbahn auf, reicht die Zeit oft nicht mehr, um rechtzeitig abzubremsen, und das Ganze resultiert unweigerlich in einem Unfall. Wann und weshalb mit einem verstärkten Wildwechsel zu rechnen ist und wie Sie nach einem Wildunfall vorgehen sollten, erfahren Sie im Ratgeber.

FAQ: Wildwechsel

Wann ist die Gefahr von Wildwechsel am höchsten?

Während der Paarungs- und Brunftzeit ist die Gefahr am höchsten. Wann diese Zeiten sind, können Sie hier nachlesen.

Wie sollte ich mich bei Wildwechsel verhalten?

Vermeiden Sie plötzliche Ausweichmanöver. Stattdessen sollten Sie bremsen, abblenden und hupen.

Wie verhalte ich mich bei einem Wildunfall?

Sichern Sie die Unfallstelle, rufen Sie ggf. Polizei oder Notarzt und verständigen Sie den Förster. Was zur korrekten Unfallsicherung gehört, erfahren Sie hier.

Was sind die Gründe für vermehrten Wildwechsel?

Gefährlich für Autofahrer und Wild: Der Wechsel von einer Straßenseite auf die andere endet für Tiere nicht selten tödlich.
Gefährlich für Autofahrer und Wild: Der Wechsel von einer Straßenseite auf die andere endet für Tiere nicht selten tödlich.


Insbesondere Straßen, die an Waldgebieten oder Feldern entlanglaufen, sind prädestiniert für verstärkt auftretenden Wildwechsel. Doch wie kommt es, dass Wildschwein, Fuchs oder Reh beschließen, ihren gewohnten Lebensraum im sicheren Dickicht zu verlassen und sich stattdessen auf der Fahrbahn herumtreiben?

Begründet ist dies beispielsweise in den eingeschränkten Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme. Gibt die übliche Umgebung im Wald nicht mehr genug „Äsung“ her, was in der Sprache der Jäger für die Nahrung von Wildtieren steht, sind sie wohl oder übel dazu gezwungen, auf den Feldern nach Futter zu suchen. Dabei müssen sie nicht selten Straßen überqueren.

Ein weiterer Grund für vermehrten Wildwechsel liegt in den Paarungs- und Brunftzeiten, die je nach Wildtier variieren können. Im Folgenden haben wir einige Beispiele für Sie zusammengetragen, welche wilden Tiere wann auf Partnersuche sind und daher öfter die Fahrbahn kreuzen:

WildtierBeginn der Brunft- und PaarungszeitEnde der Brunft- und Paarungszeit
RehJuliAugust
HirschSeptemberOktober
DachsJuliAugust
FeldhaseJanuarAugust
FuchsJanuarFebruar
WildschweinNovemberDezember
WaschbärFebruarMärz
Achtung Wildwechsel: Dieses Schild warnt davor, dass Wildtiere die Fahrbahn kreuzen könnten.
Achtung Wildwechsel: Dieses Schild warnt davor, dass Wildtiere die Fahrbahn kreuzen könnten.

Einige Wildtiere betrachten selbst solche Straßen und Wege als Teil ihres natürlichen Lebensraums, auf denen besonders reger Verkehr herrscht. Um das Risiko zu verringern, dass es auf diesen Straßenabschnitten zum Zusammenstoß von Kfz und Wildtier kommt, befindet sich dort häufig ein Verkehrsschild, das vor Wildwechsel warnt.

Wildtiere sind allgemein in Winter und Herbst abends früher und morgens später aktiv. Vor allem in der Abend- und Morgendämmerung sollten Autofahrer daher ein hohes Maß an Aufmerksamkeit an den Tag legen und sich an die Verkehrsregeln halten.

Mit verstärktem Wildwechsel ist speziell zwischen 17 und 23 Uhr abends sowie zwischen vier und sieben Uhr morgens zu rechnen.

Video: Wie verhält man sich bei einem Wildwechsel?

In diesem Video erfahren Sie, wie Sie sich bei Wildwechsel verhalten sollten.
In diesem Video erfahren Sie, wie Sie sich bei Wildwechsel verhalten sollten.

Die korrekte Verhaltensweise nach einem Wildunfall

Selbst wenn Sie sich darüber informieren, wann es vermehrt zu Wildwechsel auf den Straßen kommt, sollten Sie eines nicht vergessen: Ein Wildunfall kann sich auch außerhalb dieses Zeitraums ereignen. Teilweise können Sie eine Kollision mit einem wilden Tier auch durch eine vorausschauende Fahrweise nicht verhindern.

Möglicherweise haben Sie das entsprechende Verkehrszeichen, das vor Wildwechsel warnt, nicht wahrgenommen oder das jeweilige Wildtier aufgrund schlechter Wetterverhältnisse zu spät gesehen und es kam deshalb zum Unfall. Doch unabhängig davon, weshalb es letztendlich gekracht hat, sollten Sie sich nach einem Unfall wegen verstärktem Wildwechsel folgendermaßen verhalten:

  • Unfallstelle absichern: Schalten Sie die Warnblinkanlage Ihres Fahrzeugs ein, ziehen Sie eine Warnweste über und stellen Sie ein Warndreieck auf.
  • Erste Hilfe leisten: Resultierte ein Personenschaden aus dem Wildunfall, sollten Sie sich im Anschluss um verletzte Personen kümmern und ggf. Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführen.
  • Notarzt und Polizei informieren: Kam es aufgrund von Wildwechsel zu einem Zusammenstoß, bei dem Personen verletzt wurden, sollten Sie den Notarzt unter der Telefonnummer 112 verständigen. Kam niemand zu Schaden, fällt dieser Schritt natürlich weg. Nachdem Sie den Vorfall bei der Polizei gemeldet haben, setzt diese sich normalerweise mit dem zuständigen Förster oder Jagdpächter in Verbindung, damit auch er sich auf den Weg zum Unfallort machen kann.
Kam es aufgrund vermehrtem Wildwechsel zum Unfall, sollten Sie sich dem verletzten Tier nicht nähern.
Kam es aufgrund vermehrtem Wildwechsel zum Unfall, sollten Sie sich dem verletzten Tier nicht nähern.

Sobald Förster und Polizei die Unfallstelle erreicht haben, nehmen sie in der Regel alles Weitere in die Hand. Ist das verletzte Tier beispielsweise fluchtartig im Wald verschwunden, wird der zuständige Jagdpächter oder Förster sich auf die Suche nach ihm machen, um seine Wunden zu versorgen.

Verzichten Sie darauf, dem Tier selbst zu helfen. Verängstigte und verletzte wilde Tiere könnten unvorhersehbar darauf reagieren, wenn Sie sich ihnen nähern und im schlimmsten Fall sogar angreifen.

Schließlich sind sie nicht an Menschen gewöhnt. Sie sollten es zudem vermeiden, sich nach dem im Wildwechsel begründeten Unfall einfach aus dem Staub zu machen. Zwar handelt es sich dabei nicht um Fahrerflucht, Ihnen könnte allerdings ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen werden, wenn das Wild unnötig leidet.

Vorsicht Wildwechsel: So können Sie Unfälle vermeiden

Natürlich ist es nicht möglich, jeden Wildunfall zu vermeiden. Doch gerade in Zeiten, in denen verstärkt mit Wildwechsel zu rechnen ist, können Sie sich, um eine Kollision zu verhindern, auf eine gewisse Art und Weise verhalten. Bei vermehrtem Wildwechsel sind folgende Schritte empfehlenswert:

  • Achten Sie darauf, ausreichend Abstand zur rechten Fahrbahnseite zu halten. Schließlich könnte ein wildes Tier ohne Vorwarnung aus dem Wald auf die Straße rennen.
  • Rechnen Sie stets mit mehreren Wildtieren, da diese nicht selten in Gruppen unterwegs sind.
  • Sobald der Wildwechsel durch ein Verkehrsschild angekündigt wurde, sollten Sie besonders aufmerksam weiterfahren und Ihre Geschwindigkeit verringern.
  • Vermeiden Sie es, das Fernlicht einzuschalten. Wilde Tiere tendieren dazu, ins Licht zu starren und werden die Straße daher in diesem Fall nicht frei machen. Sie können versuchen, die Hupe zu betätigen, um sie zu diesem Schritt zu bewegen.
  • Weichen Sie dem Wildtier keinesfalls aus! Oft geschieht dies aus Reflex, schließlich wollen Sie dem Tier keinen Schaden zufügen. Kollidieren sie jedoch stattdessen mit einem Baum oder einem Auto aus dem Gegenverkehr, sind die Folgen meist viel gravierender.
  • Über eine Vollbremsung sollten Sie grundsätzlich nur dann nachdenken, wenn sich hinter Ihnen kein anderes Kfz befindet. Ansonsten könnte sich leicht ein gefährlicher Auffahrunfall ereignen.
Wie sollten Sie sich bei Wildwechsel verhalten?
Wie sollten Sie sich bei Wildwechsel verhalten?

Weist ein entsprechendes Schild auf vermehrten Wildwechsel hin und Sie rauschen trotzdem mit der gleichen Geschwindigkeit weiter, kann dies fatale Konsequenzen nach sich ziehen. Schließlich ist der Anhalteweg umso länger, je schneller Sie fahren.

Springt aus heiterem Himmel ein Wildtier auf die Fahrbahn und Sie sind beispielsweise noch 60 Meter davon entfernt, können Sie bei einem Tempo von 80 km/h einen Zusammenprall gerade noch so verhindern.

Der Anhalteweg beträgt hier in der Regel 55,1 Meter. Liegt Ihre Geschwindigkeit allerdings bei 100 oder sogar 110 km/h, benötigen Sie 79,2 bzw. 92,8 Meter, um Ihr Fahrzeug zu stoppen. In diesen Fällen würden Sie mit einer Geschwindigkeit von 61,1 km/h bzw. 79,8 km/h auf das wilde Tier prallen. Ein angepasstes Tempo ist bei vermehrtem Wildwechsel also wichtiger, als einige Fahrer zunächst annehmen.

Über den Autor

Dr. Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich studierte an der Universtät Hamburg und absolvierte sein Referendariat am OLG Hamburg. Er promovierte beim damaligen Richter am BVerfG, Prof. Dr. Hoffmann-Riem. Zugelassen als Rechtsanwalt ist er seit 2007. Seine thematischen Schwerpunkte liegen u. a. in den Bereichen Straf-, Zivilrecht.

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