Wer sich im Straßenverkehr bewegt, geht stets ein Risiko ein, unverschuldet in einen Unfall verwickelt zu werden. Denn ganz gleich, wie umsichtig und vorausschauend gefahren wird: „krachen“ kann es immer. Wird eine Reparatur nötig und die betroffene Person ist auf Transportmittel angewiesen, dann besteht die Möglichkeit einer Nutzungsausfallentschädigung.
FAQ: Nutzungsausfallentschädigung
Wer auf sein Auto angewiesen ist und dies nach einem Unfall nicht verwenden kann, erhält z. B. eine Entschädigung für einen Mietwagen.
In der Regel erhalten Sie für maximal zwei Wochen eine Nutzungsausfallentschädigung. Es handelt sich um Tagespauschalen.
Nur wenn der Zweitwagen von einem anderen Angehörigen regelmäßig genutzt wird und Sie deshalb weiterhin einen Nutzungsausfall haben.
Was unter einem „Nutzungsausfall“ zu verstehen ist
Inhalt
Kam es zu einem Autounfall, dann steht für die rechtliche Abwicklung vor allem die Schuldfrage im Raum. Beim Ermessen von Versicherungsleistungen und anderen Ausgleichszahlungen gilt es zu klären, wie der Vorfall zustande kam. War die Sache ein Ergebnis höherer Gewalt, wie etwa extremen Wetterverhältnissen? Oder kann der Unfall eindeutig auf das Fehlverhalten einer Partei zurückgeführt werden?
Ist letzteres der Fall, dann muss die gegnerische Versicherung unterschiedliche Leistungen für den Geschädigten erbringen – je nachdem, welche Folgeschäden der Unfall nach sich gezogen hat. Wird etwa eine längerfristige Reparatur nötig, dann wird in der Regel ein Mietwagen gestellt. Alternativ kann der Geschädigte auch eine Nutzungsausfallentschädigung wählen.
Hier sind zwei Begriffe von Bedeutung: der „Nutzungswille“ und die „Nutzungsmöglichkeit“.
Nutzungsmöglichkeit meint in diesem Zusammenhang meistens, dass der Geschädigte das betroffene Fahrzeug eben nicht benutzen kann, da es unfallbedingt repariert werden muss. Dementsprechend ist die Nutzungsmöglichkeit entzogen. Dem Begriff kommt jedoch noch eine weitere Bedeutung zu: Wenn der Verunfallte in der Zeit, für welche eine Nutzungsausfallentschädigung beansprucht werden soll, ohnehin kein Fahrzeug führen kann, ist dies ebenfalls eine fehlende Nutzungsmöglichkeit. Dies wäre etwa dann denkbar, wenn sich die betroffene Person im Urlaub befindet oder es zu einem Führerscheinentzug kam. In solch einem Fall könnte es durchaus möglich sein, dass der Antrag auf entsprechende Zahlungen abgelehnt wird.
Der Nutzungswille eines Geschädigten beschreibt quasi dessen Motivation, sich nach einem Unfall zügig um Reparatur und Ersatzwagen zu kümmern. Wird ersichtlich, dass die betroffene Person nicht zeitnah handelt, dann kann die Versicherung einen mangelnden Nutzungswillen vermuten und eine Nutzungsausfallentschädigung auch verweigern.
Soll also ein Nutzungsausfall für ein Kfz geltend gemacht werden, gilt es, sich so bald wie möglich zu entscheiden – anderenfalls muss der Antragsteller belegen können, weshalb eine etwaige Verzögerung eintrat.
Nutzungsausfall: Wie lange werden Zahlungen erbracht?
Da es sich um Tagespauschalen handelt, ist bei einer Nutzungsausfallentschädigung die Dauer der Auszahlung in der Regel auch auf die konkrete Zeitspanne des Ausfalls begrenzt. Das bedeutet: Kann einen Wagen nach einem Unfall noch sicher benutzt werden, dann wird ein Nutzungsausfall auch meist nur für den Zeitraum erstattet, in welchem sich der Wagen tatsächlich in der Werkstatt befindet.
Die maximale Bezugszeit ist in der Regel auf vierzehn Tage begrenzt. Wer darüber hinaus eine Nutzungsausfallentschädigung einfordern möchte, muss dessen Notwendigkeit meist gut begründen können. Abgesehen davon ist Geschädigten freie Hand gelassen, was die konkrete Verwendung dieses Geldes angeht. Zwar werden für eine Beantragung mitunter Nachweise über die Notwendigkeit dieser Zahlungen nötig, eine nachträgliche „Überprüfung“ der tatsächlichen Ausgabe ist jedoch unwahrscheinlich.
Für welche Fahrzeuge kann diese Leistung beansprucht werden?
Grundsätzlich ist diese Ausgleichszahlung für solche Fahrzeuge vorbehalten, welche eine Person ständig zur Lebensführung benötigt – dementsprechend wird im Regelfall eine Entschädigung für den Nutzungsausfall des Pkw anerkannt. Doch bereits hier können Probleme auftreten: Meist ist dies der Fall, wenn betroffene Personen einen Zweitwagen besitzen.
Dies ist ein häufiger Grund für die Versicherung, ein entsprechendes Gesuch abzulehnen – schließlich kann dann davon ausgegangen werden, dass der andere Wagen benutzt wird und kein Ausfall besteht, der ausgeglichen werden müsste. Das bedeutet nicht, dass eine Nutzungsausfallentschädigung automatisch durch einen Zweitwagen wegfällt: Wenn etwa ein Angehöriger das Fahrzeug regelmäßig nutzt, besteht mitunter dennoch ein Anspruch.
Wer also z.B. einen Nutzungsausfall für ein Motorrad beanspruchen möchte, der sollte nachweisen können, dass das Fahrzeug regelmäßig auf existenzieller Basis benötigt wird. Handelt es sich hingegen hauptsächlich um ein Freizeitfahrzeug, besteht keine Pflicht für die Versicherung, eine Leistung zu übernehmen – dies hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil 2011 (AZ: VI ZA 40/11) entschieden.
Wie Sie einen Nutzungsausfall berechnen – die Nutzungsausfalltabelle nach Eurotax-Schwacke
Bei einer solchen Ausfallentschädigung für ein Kfz erbringt die Versicherung des Unfallverursachers also eine Tagespauschale. Diese ist jedoch nicht für jeden gleich, sondern ermisst sich an Modell und Alter des Fahrzeuges.
In der Regel wird für die individuelle Höhe der Nutzungsausfallentschädigung routinemäßig die Tabelle nach Eurotax-Schwacke herangezogen – diese kann auch unter den Namen Sanden/Danner gefunden werden und wird regelmäßig von Sachverständigen, Gutachtern und Gerichten verwendet.
Diese Nutzungsaufalltabelle listet vielzählige PKW- und auch Motorrad-Typen auf und beziffert deren Entschädigungswert, indem diese in verschiedene Gruppen zusammengefasst werden.
Der Nutzungsausfall bei wirtschaftlichem Totalschaden
Eine Nutzungsausfallentschädigung überbrückt nicht nur die Dauer einer Reparatur. Wurde der Wagen durch den Unfall derart in Mitleidenschaft gezogen, dass die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, dann wird von einem wirtschaftlichen Totalschaden gesprochen. Der Nutzungsausfall erstreckt sich dann in der Regel auf die Zeit, welche zur Wiederbeschaffung eines neuen Fahrzeuges benötigt wird.
Mitunter ist es auch möglich, entsprechende Zahlungen für eine noch längere Zeit zu erhalten: In einem Urteil des Oberlandesgerichtes Celle (5 U 159/13) aus dem Jahr 2014 wurde einer Klägerin eine Nutzungsausfallentschädigung in der gesamten Zeit von Schadensaufnahme bis zur Erstellung des Gutachtens und der Wiederbeschaffungszeit eines neues Wagens zugestanden. Der Grund dieser Entscheidung war, dass ja erst begutachtet werden müsse, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliege – inwiefern dies jedoch eine allgemeine Gültigkeit besitzt, gilt es zu prüfen.
Mietwagen oder Nutzungsausfallentschädigung – was ist besser?
Solche Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten, da dies stets vom Einzelfall abhängig ist. Wer etwa einen relativ hochwertigen Neuwagen fährt und danach einen Mittelklassewagen mietet, steht rein rechnerisch besser da, würde eine Nutzungsausfallentschädigung erfolgen. Wer jedoch aufgrund eines abgeschiedenen Wohnortes zwingend auf ein Wagen angewiesen ist und dessen Wegfall nicht durch öffentliche Verkehrsmittel kompensieren kann, ist mit einer Auszahlung weniger gut beraten. Rein von der Leistungshöhe, welche die Versicherung erbringen muss, ist die Nutzungsausfallentschädigung zwar in den meisten Fällen rentabler für den Geschädigten; wie sich dies ganz konkret in der Praxis gestaltet, bedarf es jedoch zu klären.
Einen Nutzungsausfall geltend machen – so gehen Sie vor
Eine Nutzungsausfallentschädigung müssen Sie beantragen. Hierbei handelt es sich um ein formloses Dokument – das bedeutet, es existiert bis dato kein festes Formular. Wie auch bei ähnlichen derartigen Schreiben müssen korrekte und umfangreiche Daten angegeben und der Sachverhalt ausreichend begründet werden. Folgende Informationen sollten deshalb enthalten sein:
- Ihre vollständigen Personalien
- Angaben zum Unfall und den daraus entstandenen Schäden
- eine Veranschlagung der konkreten Nutzungsausfallentschädigung entsprechend der Nutzungsausfalltabelle mit entsprechender Gesamtsumme
- den genauen Zeitraum, in welchem Sie den Leistungsbezug in Anspruch nehmen möchten
- aktuelles Datum und Ihre Unterschrift
- Ihre Kontodaten
In Ihren Beschreibungen sollten Sie zudem mit Nachdruck betonen, dass Sie zwingend auf das Fahrzeug angewiesen sind. Auch die eingangs erwähnten „Nutzungswillen“ und „Nutzungsmöglichkeit“ sollten hinreichend begründet werden. Nur weil ein Antrag fristgerecht gestellt wird, garantiert dies noch keinen Erfolg – er kann auch genauso gut abgelehnt werden! Wie die bisherigen Beschreibungen gezeigt haben, handelt es sich hier häufig um eine subjektive Einschätzung; nicht zuletzt sind Versicherungen natürlich darauf bedacht, nur wirklich notwendige Leistungen zu erbringen.
Nutzungsausfall: Musterbrief
Anbei finden Sie das Grundgerüst für die schriftliche Inanspruchnahme einer Nutzungsausfallentschädigung, welches Sie mit Ihren eigenen Angaben ergänzen und entsprechend erweitern können. Übernehmen Sie dieses jedoch nicht ungeprüft und lassen Sie es ggf. von einem Anwalt für Verkehrsrecht übersehen!
Ihre Adresse
Kontaktdaten
Name der gegnerischen Versicherung
Adresse
Betreff: Inanspruchnahme einer Nutzungsausfallentschädigung
Sehr geehrte Damen und Herren,
am (Datum einfügen) kam es zu einem Unfall zwischen (Namen des Unfallverursachers), welcher bei Ihnen versichert ist, und mir. Dabei wurden meinem Wagen folgende Schäden zugefügt: (Hier entsprechend ergänzen). Der betroffene Wagen der Marke XYZ ist XX Jahre alt.
Da hierfür eine Instandsetzung durch eine Werkstatt nötig wird und ich mein Fahrzeug auf täglicher Basis benutze, um zu meiner Arbeitsstelle zu gelangen, steht mir eine Nutzungsausfallentschädigung zu. Laut Euro-Schwacke-Tabelle ist dafür eine Pauschale von XX Euro am Tag vorgesehen, die Reparatur wird voraussichtlich XX Tage benötigen.
Dementsprechend stehen mir insgesamt XX Euro zu, welche ich Sie hiermit bitte, zum nächstmöglichen Zeitpunkt auf folgendes Konto zu überweisen:
Ihr Name
Ihr Kreditinstitut
Ihre IBAN
Ihre BIC
Bei Rückfragen können Sie mich gerne unter den oben genannten Kontaktdaten erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum, Unterschrift